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AK FÜR SIE 07–08/2014
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Ebenso negativ fließen eine Scheidung
oder ein ausländischer Vorname in die Be-
wertung ein. „Das ist diskriminierend“, sagt
Sterbik-Lamina. Die Betroffenen wissen in
den seltensten Fällen, wer was über sie
weiß. Außerdem sind die Bonitätsbewer-
tungen schlicht falsch. Bei immer mehr
Daten kommen auch immer mehr Fehler-
quellen dazu. Eine deutsche Studie zur
Bonitätsbewertung von Wirtschaftsaus-
kunfteien etwa kam zu dem Schluss, rund
45 Prozent der Auskünfte seien fehlerhaft,
so Sterbik-Lamina.
So entschied sich eine österreichische
Großbank, Menschen, die vom AMS Geld
bekommen, keinen Überziehungskredit
mehr am Konto einzuräumen. Mitbetroffen
waren davon aber nicht nur BezieherInnen
von Arbeitslosengeld, sondern auch Be-
schäftigte des AMS. Mehrere AMS-Be-
schäftigte baten ihre Betriebsräte um Hilfe.
„Den Betroffenen wurde angeboten, das
rückgängig zu machen. Aber die Kollegin-
nen und Kollegen haben sich letztklassig
behandelt gefühlt“, sagt AMS-Betriebsrat
Gerhard Weinmüller. „Ganz schlimm ist
aber auch: Jemand, der seine Arbeit verlo-
ren hat, wird sofort von der Bank gemaßre-
gelt und hat wahrscheinlich nur wenig
Möglichkeiten, sich zu wehren. Denn ohne
Arbeit dürfte es nicht so leicht sein, die
Bank zu wechseln.“
Rechtlicher Rahmen fehlt
Die Arbeiterkammer will klare rechtliche
Regelungen: „Hier geschieht vieles ab-
seits der öffentlichen Wahrnehmung. Der
Datenschutz greift nur dort, wo es um den
Schutz der Daten geht. Aber wie eine Fir-
ma Daten bewertet, spielt bisher im Daten-
schutz keine Rolle“, sagt AK Konsumen-
tenschützerin Gabriele Zgubic.
Im Regierungsabkommen ist eine Rege-
lung zum Credit-Scoring vorgesehen. „Hier
gibt es einen rechtsfreien Raum, der sehr
zum Schaden der Konsumentinnen und
Konsumenten genutzt wird. Es muss ganz
rasch etwas geschehen.“
n
U. B./M. H.
Martin Bolkovac fiel aus allen Wolken,
als American Express seinen Antrag auf
eine Kreditkarte ablehnte und als mögliche
Begründung seinen Wohnort nannte
Jaro Sterbik-Lamina vom Institut für Technik-
folgen-Abschätzung in einem Rechenzentrum:
Inzwischen können immer mehr Daten zu Credit-
Scoring genutzt werden. Damit steigen
aber auch die Fehlerquellen
Was sich ändern muss
Die AK fordert
eine rasche gesetzliche Regelung zum Credit-Scoring. Im Regierungsabkommen
ist das vorgesehen. Es muss schnell umgesetzt werden.
n
Es braucht mehr Klarheit für die Betroffenen:
Was in eine Bonitätsprüfung einfließt,
geben Banken oder Wirtschaftsauskunfteien in der Regel nicht im Detail bekannt. Per Gesetz
muss diese Auskunftspflicht klar geregelt werden: Wo kommen die Informationen über die
Konsumentinnen und Konsumenten her? Wie werden sie bewertet?
n
Nur bestimmte Informationen
dürfen künftig in die Bonitätsbewertung einfließen. Nur die
Einkommenssituation, nicht aber der Name, der Wohnort oder die Tatsache, dass jemand
geschieden ist, darf eine Rolle spielen.
n
Ein Bonitäts-Scoring
darf nur erlaubt werden, wenn es um größere Summen geht, so die
Arbeiterkammer. Bei Kleingeschäften oder Wohnungsvermietungen muss es verboten werden.
n
Die Unternehmen, die Scoring betreiben,
müssen dies auch intern durch einen
betrieblichen Datenschutzbeauftragten überwachen lassen.
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