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AK Stadt · Seite 12

DI Christian Pichler

ist

Stadtplaner und Mit-

arbeiter der Abteilung

Kommunalpolitik der

AK Wien

MOBILITÄT DER ZUKUNFT

Die Grenzen der Innovation

Vom Elektro- zum selbstfahrenden Auto – die rollende E-Zukunft klingt viel­

versprechend, doch steckt sie im Versuchs-Modus. Ob sie die wachsenden

Wiener Verkehrsprobleme lösen kann, ist höchst fraglich.

Von Christian Pichler

Aufmerksamkeit, die ihnen medial zuteil wird,

muss hinterfragt werden. Schließlich geht

es um die Aufrechterhaltung bestehender

Autolobby-Interessen und Optimierungspo-

tenziale vorhandener Infrastruktur.

Schlechte Umwelteffekte

Doch elektrische PKWs oder auch Autos mit

Hybrid-Elektro-Antrieb sind in der Stadt ein

absolutes Nischenprodukt. In Wien waren

2014 gesamt 683.250 PKWs zugelassen,

davon ganze 337 Elektroautos und bloß

3.352 Hybrid-Elektro-PKWs. Darüber hin-

aus ist individuelle E-Mobilität nicht per se

besser als die individuelle Fahrt mit Verbren-

nungsmotor. Denn Umwelteffekte müssen

immer mit einer Well-to-Wheel Energiebilanz

bewertet werden. Heißt: Über Effizienz und

CO

2

-Profil eines Fahrzeugs entscheidet

nicht alleine die Kombination aus Motor und

Getriebe. Ausschlaggebend ist die gesamte

Energiekette vom Rohstoff bis zum Rad.

Ganzheitlich betrachtet, schmelzen die mög-

lichen Vorteile des Elektroautos rasch dahin.

Außerdem erschweren die deutlich höheren

Fahrzeugkosten den Zugang für alle Bevölke-

rungsgruppen. Die individuelle, motorisierte

E-Mobilität mit PKW kann deshalb kein ver-

kehrspolitisches Ziel darstellen. Gerade

à

Fotos:ThomasRitt (1),JakobFielhauer (1),AKWien (1),Google (1)

Zusammengefasst

Elektrische oder selbstfahrende

Autos gelten als große Innova-

tion. Besonders für den motori-

sierten Einzelverkehr gilt: Auch

E-Motoren schaffen keine gute

Energiebilanz. Sinnvoll ist die

Elektromobilität im Öffentlichen

Verkehr – dort bewährt sie sich

seit Jahren als Massenver-

kehrsmittel, Straßen-, S- oder

U-Bahn beweisen es. E-Bikes

etwa könnten eine sinnvolle

Unterstützung des Öffentlichen

Verkehrs sein.

W

iener Science-Fiction für freie Straßen.

Die Zukunft bringt 700.000 möglichst

selbstfahrende Elektroautos. Ist das die Ziel-

vorstellung für eine städtische Verkehrspoli-

tik? Schlagworte künftigen Verkehrs prägen

die Berichterstattung: nachfrageorientiert,

flexibel, multimodal, nutzen statt besitzen,

umweltfreundlich, leistbar, praktikabel und

freilich smart. Einprägsame Worthülsen,

doch ob sie tatsächlich tragfähige Konzepte

bilden, um die Herausforderungen im Ver-

kehrsbereich zu lösen, ist fraglich.

Denn der Blick auf die Straße vermittelt ein

deutliches Bild. In den letzten Jahren ist das

Bevölkerungswachstum in der gesamten

Wiener Stadtregion stark angestiegen, das

führt auch zu mehr potenziellen Verkehrsteil-

nehmerInnen. Die neuen BewohnerInnen be-

wegen sich zur Arbeit, zur Ausbildung, zum

Einkauf oder in der Freizeit. Auch wenn der

Wiener Motorisierungsgrad zurückgeht, da

die Autoanzahl nicht im gleichen Verhältnis

wie die Bevölkerung wächst. In absoluten

Zahlen steigt der PKW-Bestand inWien nach

wie vor an. Radikaler ist die Entwicklung

jenseits der Stadtgrenze: der PKW-Bestand

wächst hier nach wie vor sehr dynamisch.

Unglückliche Perspektive: Mehr Verkehr,

doch besonders im Stadtgebiet lässt sich

der Platz dafür nicht beliebig erweitern.

Mit technischen Innovationen soll dieses

Problem gelöst werden – gerne werden

zwei Verkehrsneuheiten genannt: das

selbstfahrende und das Elektro-Auto. Die

Thema

WIEN WÄCHST

VERKEHR

Die ökologischen Vor-

teile des selbstfahren-

den Autos schmelzen

rasch dahin und sie sind

für sozial Schwache

kaum zugänglich

Auch Carsharing verbraucht Platz und ist ein Beitrag

zum Stau in der Stadt. Städtische Mietautos verführen

auch viele Menschen dazu Wege, die sie mit den Öffis

zurücklegen könnten, mit dem Auto zu fahren