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AK FÜR SIE 06/2017
im Blick
Mit dem AK Modell werden Weiterbildungschancen gerechter verteilt: Denn derzeit ist es für
gering Qualifizierte, Frauen und Ältere schwieriger, sich neue Fähigkeiten anzueignen
Foto: picturedesk.com / Picture Alliance / Bodo Marks
B
ildung ist wie eine Schutzimpfung“,
sagt AK Präsident Rudi Kaske.
Denn wer eine gute Ausbildung
hat, tut sich am Arbeitsmarkt leichter.
Doch gerade in Zeiten der Digitalisierung
hat manches Wissen ein Ablaufdatum, die
„Impfung“ braucht eine Auffrischung.
Derzeitiges System hat Lücken
Damit alle Erwerbstätigen die Chance
haben, sich neue Fähigkeiten anzueig-
nen, tritt die Arbeiterkammer für ein Qua-
lifizierungsgeld ein. Denn das derzeitige
System der Weiterbildungsmöglichkei-
ten hat Lücken. Das sagt auch das Wirt-
schaftsforschungsinstitut Wifo. Im der-
zeitigen System haben Personen mit
mittlerer und geringerer Qualifikation,
Personen, die älter sind oder nur wenig
verdienen, weniger Chancen, sich länger
weiterzubilden. Das Qualifizierungsgeld
würde diesen Menschen helfen.
Rechtsanspruch aufs Lernen
Das Besondere am Qualifizierungsgeld
ist: Während der Ausbildung (zwischen
drei und 36 Monate) ist die Existenz gesi-
chert, denn rund 900 Euro sollen die Wei-
terbildungswilligen pro Monat bekommen.
Wer kein dickes Sparkonto hat, kann sich
so längere Weiterbildung eher leisten als
derzeit. Zudem soll es einen Rechtsan-
spruch auf Weiterbildung geben – auch
gegenüber dem Arbeitgeber.
Wer das Qualifizierungsgeld beziehen
möchte, muss mindestens 25 Jahre alt
sein und mindestens fünf Jahre versichert
in Österreich gearbeitet haben. Vor Be-
ginn der Ausbildung muss laut AK Modell
eine Beratung absolviert werden.
Geld für neues Wissen
Die Arbeiterkammer schlägt ein Qualifizierungsgeld vor –
eine zweite Ausbildungschance für alle.
D
ie Arbeitslosigkeit geht zurück, zeigt
die Arbeitsmarktstatistik. Doch zehn-
tausende Arbeitslose merken davon
nichts. Sie haben kaum eine Chance auf ei-
nen neuen Job, weil sie für die Unternehmen
zu alt sind, zu schlecht ausgebildet oder nicht
mehr ganz gesund. Ihr Schicksal wird in einer
anderen Zahl zusammengefasst: jener der
Langzeitarbeitslosigkeit. Und die steigt weiter.
Sparbuch weg
Um die Langzeitarbeitslosigkeit zurückzu-
drängen, gibt es zwei sehr unterschiedliche
Vorschläge: die „Aktion +20.000“ für 20.000
ältere Langzeitarbeitslose, mit der kollektiv-
vertraglich entlohnte, gemeinnützige Jobs in
Gemeinden geschaffen werden sollen. Und
„Hartz Ö“, also ein österreichisches „Hartz
IV“ wie in Deutschland. Das wäre Streichung
der Notstandshilfe und stattdessen eine Art
Sozialhilfe, für die die Betroffenen zuerst ihr
Vermögen aufbrauchen, also allfällige Sparbü-
cher auflösen, ihr Auto oder ihre Eigentums-
wohnung verkaufen müssen. Das Kalkül hinter
„Hartz Ö“: Mehr finanzieller Druck auf Lang-
zeitarbeitslose wird sie schon in Jobs treiben.
Kein einziger Job zusätzlich
Aus Sicht der ArbeitnehmerInnen fällt die
Wahl zwischen „Aktion +20.000“ und „Hartz
Ö“ nicht schwer: Gibt es zu wenige Jobs für
alle, die einen brauchen, dann müssen eben
mehr Jobs her. Langzeitarbeitslose ärmer zu
machen (im Schnitt beträgt die Notstandshilfe
740 Euro im Monat) schafft nicht einen einzi-
gen Job mehr. Im Gegenteil: Die Betroffenen
können noch weniger ausgeben als derzeit
schon. Was sie nicht mehr kaufen können,
wird auch nicht mehr hergestellt und verkauft.
Womit wieder Arbeitsplät-
ze gefährdet werden.
„Hartz Ö“, der
Jobkiller
Wirtschaft
klipp&klar
Gernot Mitter
AK Wien, Abteilung Arbeitsmarkt
und Integration
Mehr auf
Eckpunkte des Qualifizierungsgeldes
Die Vorteile: Es ist fairer, es gibt Rechtsanspruch und Existenzsicherung
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Für wen? Für ALLE
Beschäftigten, Selbstständigen und Arbeitssuchenden, die sich wei-
terbilden oder eine neue Ausbildung beginnen wollen und die älter als 25 Jahre sind.
Bildungskarenz, Bildungsteilzeit und Fachkräftestipendium werden durch das Qualifizierungs-
geld ersetzt.
■
Welche
Voraussetzungen
gibt
es?
Fünf Jahre pensionsversicherte Beschäftigung in
Österreich; Bildungsberatung vor Beginn der Weiterbildung; anerkannte Weiterbildung bzw.
Qualifizierung im Umfang von mindestens 20 Wochenstunden; Leistungsnachweise
■
Wie
lange
und wie
viel?
Maximal 36 Monate (mindestens drei Monate). Bezahlt wird
der Ausgleichszulagenrichtwert (derzeit 889,84 Euro pro Monat).