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Seite 30
Wirtschaft & Umwelt 1/2016
darlegen. Diese werden als INDC bezeich-
net, „Intended Nationally Determined Contri-
butions“, also etwa „beabsichtigte, national
festgelegte Beiträge“ zum Klimaschutz.
Praktisch alle Länder der Welt haben mitt-
lerweile kundgetan, welche Beträge zum
Klimaschutz sie leisten werden: 189 INDC
liegen bislang vor, also von fast allen 197
Staaten, die die Klimarahmenkonvention
ratifiziert haben.
So legte etwa China, der Staat mit den
mittlerweile höchsten Treibhausgasemissi-
onen der Welt, INDC vor, nach denen die
jährlichen CO
2
-Emissionen ab 2030 nicht
mehr wachsen sollen, und die weiters einen
Rückgang der CO
2
-Emissionen im Verhältnis
zur Wirtschaftsleistung um 60 bis 65 Prozent
gegenüber 2005 und einen Anteil der erneu-
erbaren Energieträger am Primärenergieauf-
kommen von etwa 20 Prozent vorsehen. Die
EU sagte im Namen aller 28 Mitgliedstaaten
zu, dass 2030 die jährlichen Emissionen um
mindestens 40 Prozent geringer sein sollen
als 1990.
Diese Beiträge der Vertragsstaaten stellen
die ersten Bausteine dar, mit denen das Ziel
des Abkommens von Paris erreicht werden
soll: die globale Erwärmung deutlich unter
zwei Grad Celsius, wenn möglich auf nicht
mehr als 1,5 Grad Celsius zu beschränken.
Diese Werte konkretisieren, was bereits 1992
als Ziel der Klimarahmenkonvention fest-
gelegt wurde: „die Stabilisierung der Treib
hausgaskonzentrationen in der Atmosphäre
auf einem Niveau, auf dem eine gefährliche
anthropogene Störung des Klimasystems
verhindert wird.“
Mehr Dynamik als
im Kyoto-Protokoll
Abgesehen davon, dass nun alle Staaten
– nicht nur die Industriestaaten – darzulegen
haben, in welchem Ausmaß sie ihre Treib
hausgasemissionen verringern werden, sind
sie nach dem Pariser Abkommen auch ver-
pflichtet, die Beiträge alle fünf Jahre weiter
zu entwickeln. Dabei sollen die Maßnahmen
jedes Mal noch strenger werden. Die Dyna-
mik, die der Prozess damit bekommt, steht
in krassem Gegensatz zu der Festlegung
des Kyoto-Protokolls, das nach dem Ablauf
seiner Zielperiode (2008 bis 2012) keine wei-
teren Schritte vorsah.
Der Prozess, der mit dem Pariser Abkom-
men geschaffen wurde, hat also einige posi-
tive Aspekte: es nehmen alle Staaten daran
teil, sie haben Beiträge zur Reduktion der
Treibhausgasemission zu leisten, und diese
Beiträge werden sukzessive ambitionierter.
Betrachtet man aber die vorgelegten
Beiträge in Summe, so wird klar, dass sie
nicht genügen. Sie reichen nicht aus, um die
Emissionen so weit zu reduzieren, dass eine
Beschränkung der globalen Erwärmung auf
zwei Grad Celsius gelingt. Die Wissenschaft
spricht hier eine deutliche Sprache.
Kumulierte Emissionen
entscheidend
Im fünften Sachstandsbericht des
IPCC (Intergovernmental Panel on Climate
Change, des Zwischenstaatlichen Aus-
schusses für Klimaänderungen) wird die
Bedeutung kumulierter (also über die Zeit
aufaddierter) Emissionen betont. So wird
etwa festgehalten, dass die kumulierten
CO
2
-Emissionen aus allen menschlichen
Tätigkeiten (die so genannten anthropoge-
nen Emissionen) 3.650 Milliarden Tonnen
CO
2
nicht übersteigen dürfen, wenn das
Zwei-Grad-Ziel eingehalten werden soll.
Der Großteil dieser Menge ist freilich bereits
emittiert worden. Beim derzeitigen Niveau
der weltweiten Emissionen wird dieses Limit
in etwa zwanzig Jahren erreicht. Danach
dürften weltweit überhaupt keine Treibhaus-
gase aus menschlichen Tätigkeiten emittiert
werden, wenn das Ziel halten soll.
Die Analyse der vorliegenden Beiträge der
Staaten führt zum ernüchternden Ergebnis,
dass sie in der derzeitigen Form für dieses
Limit und damit für eine Einhaltung des Zwei-
Grad-Ziels nicht ausreichen. Die Tatsache,
dass die Vertragsstaaten sichmit demPariser
Abkommen zu einem langfristigen, dynami-
schen Prozess verpflichtet haben, lässt Hoff-
nung aufkommen. Dass auf den ersten zwölf
Plätzen der Fortune-500-Liste der weltweit
größten Unternehmen sieben Ölkonzerne
und zwei Autokonzerne rangieren, wie Heinz
Högelsberger kürzlich in einem Blogbeitrag
für „Arbeit &Wirtschaft“ aufzeigte, lässt diese
Hoffnung wieder schwinden.
In diesem Sinn stellt das Abkommen
von Paris einen Rahmen dar, der langfristig
zu einer weltweiten, ambitionierten Klima-
schutzpolitik beitragen kann. Die vorliegen-
den Beiträge der Staaten sind ein erster
Schritt. Um das Ziel zu erreichen, die Klima-
erwärmung unter der Marke von zwei Grad
Celsius zu halten, müssen diese Beiträge
aber viel weiter gehen.
£
Politik
Unser Standpunkt
Für die AK ist das Abkommen von Paris
¢
ein wichtiger Schritt, denn zumindest mittelfristig
werden in allen wesentlichen Wirtschaftsräumen die
CO
2
-Emissionen nicht mehr gratis sein
¢
es verringert bezüglich der CO
2
-Kosten den
Wettbewerbsnachteil der europäischen Industrie
Die vorliegenden Beiträge der Staaten sind ein
erster Schritt. Damit das Zwei-Grad-Ziel erreicht
wird, müssen sie in Zukunft viel weiter gehen.
Fotos: houdek pid (1)