Die in Österreich errichteten Biogas- und Biomasse-KWK-
Anlagen liefern ca. 2,6 Milliarden Kilowattstunden Strom
und ca. 4,8 Milliarden Kilowattstunden Wärme pro Jahr.
Damit können der Jahresstrombedarf von ca. 700.000
Haushalten abgedeckt und durch die gleichzeitige Wär-
mebereitstellung ca. 500 Millionen Liter Heizöl pro Jahr
ersetzt werden.
Da erneuerbare Energie mit biogenen Rohstoffen kosten-
günstig speicherbar ist, liefern diese Anlagen jahresdurch-
gängig verlässlich und genau steuerbar Ökostrom und
Ökowärme in die Strom- und Wärmenetze. Österreichi-
sche Biomassetechnologien gehören zu den Besten der
Welt und sind auf internationalen Exportmärkten erfolg-
reich. In Österreich werden ca. 20.000 Arbeitsplätze durch
biogene Energieträger gesichert. Besonders wertvoll sind
dabei die langfristig wirksamen Betriebseffekte durch die
Serviceunternehmen, Rohstofferzeugung und Versor-
gungslogistik im ländlichen Raum.
Da auf dem Energiemarkt keine Kostenwahrheit besteht,
können erneuerbare Energieträger nicht ohne Einspei-
setarife gegenüber hoch subventionierten Kohle- und
Atomkraftwerken bestehen. „Marktreife“ müssen zunächst
Atomkraftwerke wie Hinkley Point (Großbritannien) unter
Einrechnung aller Rückbau- und Endlagerkosten nachwei-
sen, bevor sauberem Ökostrom aus Biogas und Biomasse
seine Unterstützung vorgeworfen wird. Ohne Nachfolge-
tarife würden voll funktionsfähige Biogas- und Biomasse-
Anlagen abgestellt, um noch mehr Kohle- und Atom-
strom nach Österreich zu importieren – ein energie- und
klimapolitischer Unsinn. Daher müssen kostendeckende
Nachfolgetarife verordnet werden, um mit den errichteten
Anlagen weiterhin sauberen Strom und regionale Wärme
nutzen zu können.
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www.ak-umwelt.atSeite 32
Wirtschaft & Umwelt 1/2016
Kontroverse
Pro
DI Josef Plank
Con
Mag.
a
Dorothea Herzele
Nachfolge-Tarife für Biomasse und Biogas
Für ehrgeizige Klima- und
Energieziele sind Biogas- und
Biomasseanlagen unabdingbar.
Die Wirkung von Millionen
Euro an Fördergeldern
verpufft einfach.
Die Erzeuger von Ökostrom erhalten für jede Kilowatt-
stunde Strom, die sie ins öffentliche Stromnetz einspei-
sen, eine vertraglich gesicherte Abnahme zu einem fixen
Preis, der über dem Marktpreis liegt. Besonders hohe
Einspeisetarife erhalten Betreiber von Biogas- und Bio-
masseanlagen, nämlich das Vier- (Biomasse) bis Fünffa-
che (Biogas) des Marktpreises, und das gesichert auf 13
bzw. 15 Jahre. Insgesamt summieren sich die Vergütun-
gen für die Betreiber von Biomasse- und Biogasanlagen
jährlich auf rund 355 Millionen Euro, für eine Menge an
Strom, die am Markt nur rund 87 Millionen Euro wert
ist. Die Differenz von 268 Millionen Euro wird von den
StromkundInnen über die Stromrechnung finanziert, den
überwiegenden Teil davon zahlen die Haushalte. Auf der
anderen Seite stehen die Nutznießer dieser Fördergel-
der: Im Bereich der Erzeugung von Strom aus Biogas
sind das laut Ökostrombericht 2015 der E-Control vor
allem landwirtschaftliche Großbetriebe. Trotz üppiger
Subventionen in Millionenhöhe befinden sich die meisten
Biogasanlagen seit Jahren in massiven wirtschaftlichen
Schwierigkeiten. Und es ist keine Trendwende abzuse-
hen: Die Wirkung von Millionen Euro an Fördergeldern
verpufft einfach. Obwohl mit anderen erneuerbaren
Technologien deutlich günstiger Strom erzeugt werden
kann, sollen nun weitere hunderte Millionen Euro an Sub-
ventionen fließen, um unwirtschaftliche Biogasanlagen
weiter künstlich am Leben zu erhalten. „Nachfolgetarif“
heißt diese teure, lebenserhaltende Maßnahme, die bis
zum 20. Betriebsjahr gewährt wird und natürlich wieder
von den StromkundInnen zu zahlen ist. Die Zeichen sind
deutlich: Es braucht endlich Mut für eine Reform der
Ökostromförderung statt der Befriedigung von Einzelin-
teressen.
¨
*DI Josef Plank
ist Agrarökonom und
Generalsekretär Stellvertreter der Land-
wirtschaftskammer Österreich.
*Mag.
a
Dorothea Herzele
ist
Betriebswirtin und Energieexpertin
der Abteilung Wirtschaftspolitik der
AK Wien.
Fotos: Lisi specht (1),