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Kürzlich hat die EU-Kommission –

nachdem sie damit 2015 noch am Euro­

päischen Parlament (EP) gescheitert

war – eine Verordnung „durchgebracht“,

die eine Liste von schwerwiegenden Ver-

stößen im Straßenverkehr enthält. Dieser

Liste ist ein Bewertungssystem zugrunde

gelegt, das einen Rückschluss auf die

Seriosität von Transportunternehmen

zulässt. Unternehmen mit vielen Verstö-

ßen sollen öfter Kontrollen unterzogen

werden, bei ihnen bestehen Zweifel an

der gewerberechtlichen Voraussetzung

der Zuverlässigkeit. Die EU-Kommission

hat alles daran gesetzt, hinsichtlich der

Schweregrade bestimmte Delikte eher

milder zu beurteilen, um die Konsequen-

zen für unseriöse Unternehmen gering

zu halten. So wurde z.B. durch einfachen

Beschluss der EU-Kommission eine

durch Rat und EP legitimierte Richtlinie

über Lenk- und Ruhezeiten in der Weise

verändert, dass von den bisher rund 40

Delikten in der schwersten Kategorie

(Konsequenz: diese können zu Konzessi-

onsentziehungen führen) nur mehr zehn

übrig bleiben, 30 wurden in eine niedrige-

re Kategorie eingeordnet. Beispiele:

Wird die höchstmögliche wöchentliche

Arbeitszeit von 60 Stunden um mehr

als zehn Stunden überschritten, ist das

maximal ein mittelschweres Delikt, auch

wenn z.B. die wöchentliche Arbeitszeit

100 Stunden beträgt.

Wird die tägliche Mindestruhezeit

von neun Stunden um mehr als zwei

Stunden unterschritten, gilt der Verstoß

immer nur als mittelschweres Delikt,

auch wenn z.B. drei Tage keine Ruhe-

zeit gehalten wurde.

Die wöchentliche Ruhezeit muss

spätestens nach sechs 24-Stunden-

Zeiträumen beginnen. Wird dieser

Zeitraum um mehr als zwölf Stunden

überschritten, gilt dieses Delikt immer

nur als mittelschwer, auch wenn z.B.

in einem Monat keine wöchentliche

Ruhezeit eingelegt wurde.

Schwerwiegende VerstöSSe im StraSSenverkehr 

Downgrading durch die EU-Kommission

Jede Arbeitnehmerin

und jeder Arbeitneh-

mer hat das Recht auf

gesunde, sichere und

würdige Arbeitsbedin-

gungen.

Art. 31 der rechtsverbindlichen Charta der

Grundrechte der Europäischen Union

www.arbeiterkammer.at

Wirtschaft & Umwelt 1/2016

Seite 25

auch zu Lasten der Verkehrssi-

cherheit.

Der Verkehrssektor zeigt

deutlich, dassdieEUweit vonso-

zialer Kohärenz entfernt ist. Nicht

alle ArbeitnehmerInnen haben

innerhalb der EU das gleiche

Recht auf gesunde, sichere und

würdige Arbeitsbedingungen,

obwohl dies die rechtsverbind-

liche Charta der Grundrechte der

EU so vorsieht. Mit „Schande“ ist

die Unionspolitik noch freundlich

umschrieben.

¨

Arbeiten im Güterverkehr

Studie des EU-Parlaments (2013) zu den sozialen

Arbeitsbedingungen.

http://www.europarl.euro- pa.eu/RegData/etudes/etudes/join/2013/495855/

IPOL-TRAN_ET%282013%29495855_DE.pdf

EU: Beschäftigte bei Verstößen allein gelassen