Wirtschaft & Umwelt 1/2016
Seite 29
Unter den zehn Staaten mit den höchsten
Treibhausgasemissionen stehen die USA
nach Kanada an zweiter Stelle, was die
Pro-Kopf-Emissionen betrifft: Jeder US-
Amerikaner, jede US-Amerikanerin ist für
den Ausstoß von fast 20 Tonnen Treib
hausgasen (t CO
2
-eq) verantwortlich, fast
dreimal so viel wie der weltweite Durch-
schnitt von etwa 7 Tonnen und immer
noch etwa zweieinhalb mal so viel wie
die Pro-Kopf-Emissionen in China. Daher
haben auch die USA ambitionierte Klima-
schutzbeiträge vorgelegt: Sie streben bis
2025 eine Reduktion der Emissionen um
26 bis 28 Prozent im Vergleich zu 2005
an. Aber wird das Abkommen von Paris
überhaupt für die USA gelten?
Die USA sind mehreren internationalen
Abkommen nicht beigetreten, die unter
der Führung der Vereinten Nationen aus-
gearbeitet wurden. Kernarbeitsnormen
der internationalen Arbeitsorganisation,
Internationaler Strafgerichtshof, Interna-
tionale Seerechtskonvention – nur drei
Beispiele von Verträgen, die die USA
nicht ratifizierten. Umso bemerkenswerter
ist es, dass der Senat 1992 einstimmig
der Klimarahmenkonvention zustimmte.
Doch seither ging nichts mehr: Zwar
unterschrieb Al Gore im Namen der USA
das Kyoto-Protokoll, doch der Senat
verweigerte die Ratifikation, mit der ein
internationales Abkommen für einen
Staat erst bindend wird. Daher gilt das
Kyoto-Protokoll nicht in den USA.
Für seine ambitionierten klimapoliti-
schen Vorstellungen findet US-Präsident
Obama im Senat keine Mehrheit. Dafür
bräuchte er die Unterstützung von 60 der
100 SenatorInnen – bei der derzeitigen
republikanischen Mehrheit im Senat ein
aussichtsloses Unterfangen.
Daher hat er einen gänzlich anderen Weg
eingeschlagen: Obama erklärt, dass das
Abkommen von Paris kein internatio-
naler Vertrag ist, sondern lediglich die
Verpflichtungen konkretisiert, die bereits
in der Klimarahmenkonvention enthalten
sind. Damit ist eine Zustimmung des
Senats nicht erforderlich, denn der Senat
muss nur gefragt werden, wenn die USA
neue, internationale Verpflichtungen
eingehen. Dies ist einer der wichtigsten
Gründe, weshalb der Text von Paris als
„Agreement“, als Abkommen bezeichnet
wird und nicht als Vertrag.
Für die USA eine zentrale Frage:
Abkommen oder Vertrag
auf sich nehmen, ohne damit
nach internationalem Recht
eine Verpflichtung gegenüber
anderen Staaten einzugehen.
Das Abkommen von Paris gibt
den Rahmen vor, wie diese
Beiträge zum Klimaschutz mit
der Zeit weiterentwickelt wer-
den. Zutreffend nannte etwa
die deutsche Umweltministerin
Barbara Hendricks Paris „nicht
das Ende, sondern den Anfang
eines langen Weges“.
Neue Wege – neue Ziele
Der wesentlichste Unter-
schied zum Kyoto-Protokoll aus
1997 besteht darin, dass alle
Staaten – nicht nur die Industrie
länder – Reduktionsmaßnah-
men übernehmen. Das war auch
dringend notwendig, denn die
Entwicklungsländer haben als
Emittenten von Treibhausgasen
enormanBedeutunggewonnen:
Während 1990, im Bezugsjahr
der Klimarahmenkonvention, ihr
Anteil an den weltweiten Emis-
sionen etwa 32 Prozent betrug,
lag er 2014 bei etwa 63 Prozent.
Im Gegensatz zu den Zielen
des Kyoto-Protokolls sind die
Beiträge der Staaten zum Kli-
maschutz aber nicht vertraglich
bindend. Doch dies ist nicht
besonders dramatisch. Denn
die Sanktionsmechanismen
des Kyoto-Protokolls waren
schwach, und Staaten, die sich
nicht mehr an die Ziele halten
wollten, konnten einfach aus-
steigen – wie das Beispiel Ka-
nadas zeigte. Die USA haben es
gleich gar nicht ratifiziert.
Stattdessen wurde im Vor-
feld der Pariser Konferenz ein
anderer Weg eingeschlagen: Die
Vertragsstaaten hinterlegten im
Laufe des vergangenen Jahres
beim Sekretariat der Klimarah-
menkonvention Dokumente, die
ihre Absichten bei der Verrin-
gerung der Treibhausgasemis-
sionen und beim Klimaschutz
Das Abkommen von Paris
Es findet sich auf der UNFCCC-Website
unter
http://unfccc.int/files/meetings/pa-ris_nov_2015/application/pdf/paris_agree-
ment_english_.pdf