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Seite 30

Wirtschaft & Umwelt 2/2015

Schnellstraßennetzes hat sich bewährt und

ist in Europa ein Vorzeigemodell. Eine Aus-

weitung am niederrangigen Straßennetz ist

technologisch mit GPS-basiertenMautgerä-

ten und in Ergänzung mit dem bestehenden

ASFINAG-Mauteinhebungssystem möglich.

Schon heute ist beispielsweise das deut-

sche Lkw-Maut-Gerät (GPS-Ortung) auch

in Österreich zur Mautabbuchung (DSRC-

Standard) als gleichwertige Alternative zum

österreichischen im Einsatz. Problemlos

könnte es in Folge auch mit dem digitalen

gesamtösterreichischen Straßennetz für

alle Straßenkategorien aufgeladen werden.

Zudem wird europaweit sehr konkret von

sieben Mautbetreibern an einem universal

einsetzbaren Mautgerät (REETS-Projekt) ge-

arbeitet. Der alte Einwand gegenüber einer

flächendeckenden Lkw-Maut, nämlich hohe

Betriebskosten durch Ausstattungmit teuren

Mautgeräten, hat daher viel an Glaubwürdig-

keit verloren.

Durch eine Maut-Ausdehnung würden in-

sofern auch beide Straßennetze profitieren,

als „Lkw-Mautflüchtlinge“ von Landesstra-

ßen auf Autobahnen zurückkehren. Seit Inbe-

triebnahme des ASFINAG-Mautsystems im

Jahr 2004 wurde darauf hingewiesen, dass

bis zu fünf Prozent der Lkw-Fahrleistung,

die eigentlich am hochrangigen Straßennetz

erfolgen sollte, auf die „kostenlosen“ Lan-

des- und Gemeindestraßen auswich. Dieser

Mautentfall durch „Lkw-Mautflüchtlinge“

im ASFINAG-Netz entspricht in ungefähr

auch den jährlichen Betriebskosten einer

Mauteinhebung auf Landes- und Gemein-

destraßen (rund 75 Millionen Euro). In einigen

Regionen (z.B. Rheintal zwischen Bregenz

und Hohenems, Raum Wels-Linz und Raum

Graz) nutzen Lkw das niederrangige Stra-

ßennetz, obwohl die Fahrzeit länger als auf

Autobahnen ist. Dazu erlassene Lkw-Fahr-

verbote, sofern überhaupt von der Exekutive

jemals ernsthaft kontrolliert, konnten hier nie

wirklich Abhilfe schaffen.

Vorteilhaft für alle

Eine Mautausdehnung könnte zudem

Einnahmen in einen Fond für Infrastruktur

und öffentlichen Verkehr liefern und zu einer

Verringerung der Lkw-Fahrleistung führen.

Nicht bei allen, aber bei einigen Gütern (z.B.

Erdäpfeln, Holz, Zuckerrüben) mit wenig

Termindruck könnte dies auch eine Rück-

verlagerung auf die Schiene begünstigen. Im

Übrigen muss schon heute auf der Schiene

ein verursachergerechtesMautentgelt – auch

in ländlichen Regionen – bezahlt werden.

Eine Lkw-Mautausdehnung wird allein

aufgrund der bereits bemauteten Autobah-

nen und des geringen Transportanteils am

Endverbraucherpreis, auch in entfernten Re-

gionen, keine nennenswerten Auswirkungen

auf die Wirtschaft haben. Die wirklich lokale

Wirtschaft (z.B. bäuerliche Direktvermarkter,

Bäcker im Dorf) könnte sogar Wettbewerbs-

vorteile einfahren, da sie im Unterschied zu

überregional agierenden Konkurrenten ohne

Lkw ihre Produkte vertreibt. Spürbar könnte

eine Bemautung allenfalls in Regionen wer-

den, in denen transportintensive Güter ohne

hohe Wertschöpfung (z.B. Holzwirtschaft)

dominieren und der Transport aufgrund

fehlender Autobahnen ausschließlich am

niederrangigen Straßennetz erfolgt. Wenn

Mauterlöse aber in der Region wieder aus-

gegeben werden, kann sogar Wachstum

entstehen. Von allen Wirtschaftszweigen

könnte es nur in der Baubranche leichte

Preiseffekte geben. Hier könnten die Preise

um 0,7 Prozent steigen. Gleichzeitig könnten

höhere Transportkosten in der Bauwirtschaft

endlich auch innovativen Logistikkonzepten

(z.B. Musterbaustellen im Wiener Kom-

munalbau) zum Durchbruch verhelfen, wo

Aushubmaterial – nicht wie gemeinhin üblich

– abtransportiert, sondern an der Baustelle

zu Beton verarbeitet wird.

Weg frei für Kostenfairness

Der politische Auftakt für eine flächende-

ckende Lkw-Maut war vielversprechend. Ein

schneller Abschluss ist jedoch keineswegs

vorprogrammiert. Dies liegt zum einen in der

technischen Abwicklung. Selbst mit einem

klaren politischen Beschluss sind weitere

drei Jahre nötig, um ein Ausschreibungsver-

fahren und die Errichtung eines Mauteinhe-

bungssystems abzuwickeln. In dieser Zeit-

spanne können sich Regierungsmehrheiten

und politische Stimmungen verändern. Zum

anderen können Populisten Mautvorhaben

(z.B. Frankreich) leicht zum Sündenbock

für Probleme instrumentalisieren. Hoffnung

besteht aber insofern, als die Lkw-Maut auf

österreichischen Autobahnen 2004 nicht aus

Gründen der Kostenfairness, sondern zur

Einhaltung von EU-Budgetvorschriften ein-

geführt wurde. Das strukturelle Erhaltungs-

defizit bei Landes- und Gemeindestraßen

könnte somit den Weg für mehr Kostenfair-

ness im Straßengüterverkehr vorgeben.

£

Politik

Unser Standpunkt

Für Fahrleistungsabhängige Lkw-Maut

¢

Enorme Lkw-Straßenabnützung wird abgebildet

(

Mineralölsteuer)

¢

Alle Lkw (In- und Ausländer) zahlen die Kosten

¢

Lärm- und Abgase des Lkw vor Ort (Tag/Nacht/Stadt/

Land) können angelastet werden

¢

Auf der Schiene muss man auch „Maut“ zahlen

Die Verwendung von Mauterlösen entscheidet

letztendlich über die wirtschaftliche

Gesamtwirkung.

Fotos: schuh (1)