Wirtschaft & Umwelt 2/2016
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muss nachdenklich stimmen. Durch
den Verbrauch von Gütern aus Ent-
wicklungsländern importieren wir mit
diesen Waren auch einen unsichtbaren
Wasserrucksack. Wasser, das dort für
andere Nutzungen - u.a. als Trinkwas-
ser - fehlt. ExpertInnen sprechen in die-
sem Kontext von „virtuellem Wasser“
und verweisen darauf, wie enorm groß
dieser virtuelle Wasserverbrauch in den
reichen Industrieländern im Gegensatz
zu den armen Ländern des globalen
Südens ist. Der sogenannte Wasser-
fußabdruck ist somit eine der zentralen
Ungerechtigkeitsachsen im Nord-Süd-
Verhältnis. Wie in den Bereichen Energie
und Flächenverbrauch konsumiert der
reiche Norden auch im Bereich Wasser
weit mehr als ihm zustünde.
Industrie und Energiegewinnung
konsumieren weitere 20 Prozent des
Süßwasserbedarfs. Für benachteiligte
Bevölkerungsgruppen in Entwicklungs-
ländern stellt dies nicht selten eine Be-
drohung ihres Rechts auf Wasser dar.
Riesige Staudammprojekte sowie Land
Grabbing führen nicht nur dazu, dass
AnwohnerInnen von Land und Boden
vertrieben werden, sondern auch den
Zugang zu ihren traditionellen Wasser-
quellen verlieren. Auch Bergbauakti-
vitäten führen zu Wasserkonflikten: so
klagen Viehhirten in der mongolischen
Wüste Gobi derzeit über die Wasserver-
knappung, die durch den Ausbau einer
riesigen Kupfermine eines internationa-
len Bergbaukonzerns entstanden ist.
Häufig stehen in diesen Konflikten die
Interessen von Konzernen und einer ex-
portorientierten Wirtschaftspolitik den
Interessen lokaler Bevölkerungen ent-
gegen.
Weiteren „Wasserstress“ verursa-
chen Umweltfaktoren wie Klimawandel,
massive Abholzungen und Bodenver-
dichtung. Die beiden letztgenannten
führen dazu, dass Böden und Biomasse
weniger Wasser speichern können und
das kostbare Süßwasser somit schnel-
ler in die Weltmeere gelangt. Der Kli-
mawandel wiederum führt in verschie-
denen Weltregionen zu ausbleibenden
Regenzeiten und Dürren. Nur erwähnt
seien weitere Bedrohungen durch Kon-
taminierung von Trinkwasser mit Pesti-
ziden und Industrieabwässern.
Globale Wasserkrise
Kein Wunder also, wenn von einer
globalen Wasserkrise gesprochen wird.
Laut einer UN-Prognose wird bereits
2030 der weltweite Wasserbedarf das
Angebot um 40 Prozent überschreiten.
Wie kann in dieser Situation die wach-
sende Weltbevölkerung mit sauberem
Trinkwasser versorgt werden? Und wie
bekommen jene Gruppen, die bis heu-
te verschmutztes Wasser von weit ent-
fernten Brunnen holen müssen, Zugang
zu sicheren Wasserleitungen?
Hoffnungen wecken in diesem Zu-
sammenhang mehrere internationale
Beschlüsse. 2010 wurde von der Gene-
ralversammlung der Vereinten Nationen
eine historische Resolution verabschie-
det: Das Menschenrecht auf sauberes
Trinkwasser wurde als essentiell für die
Verwirklichung des vollen Rechts auf
Leben anerkannt. Gleichzeitig wurden
Staaten und internationale Organisatio-
nen dazu aufgerufen, Entwicklungslän-
der durch finanzielle Hilfe, capacity buil-
ding und Technologietransfer dabei zu
unterstützen, die Versorgung mit sau-
berem Trinkwasser für ihre Bevölkerung
zu gewährleisten. Der Resolution, die
auf eine Initiative Boliviens zurückging,
wurde mit 122 Stimmen angenommen.
Österreich war eines jener 41 Län-
In Teilen der Erde gefährdet der Wasserver
brauch von Landwirtschaft, Industrie und Berg
bau die Trinkwasserversorgung der Menschen.
„Blue Planet Project“
Dieses Projekt ist eine der weltweit bedeutendsten zivilgesellschaft-
lichen Initiativen, die sich für das Recht auf sauberes Trinkwasser
einsetzen:
www.blueplanetproject.netNutzungskonflikte gefährden den Zugang zu sauberem Wasser
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