Previous Page  15 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 15 / 36 Next Page
Page Background www.arbeiterkammer.at

WIRTSCHAFT & UMWELT 2/2018

SEITE 15

E

ndlich sieht das auch die deutsche Kom-

munalpolitik wieder so – zumindest in

der Wasserwirtschaft.

Nach Jahrzehnten des neoliberalen

Wahns („Private sind immer besser und

billiger“, „Der Staat ist je schlanker desto

besser“...) greift nun wieder Vernunft Platz.

Daseinsvorsorge muss in öffentlicher Hand

liegen. Denn es ist Aufgabe des Staates,

die Gesellschaft am Laufen zu halten. Dabei

kommt es darauf an, dass die nötigenDienst-

leistungen in ausreichend guter Qualität tat-

sächlich jederzeit erbracht werden und nicht

auf maximale Gewinne für Anteilseigner.

Das jüngste Beispiel finden wir in

Rostock. Hier hatte Suez, ein international

agierender französischer Konzern, nach der

Wende mit Eurawasser sein Referenzobjekt

gesetzt. Von hier aus sollte der deutsche

„Wassermarkt“ aufgerollt werden. Das ist zu

unser aller Glück nicht gelungen. Letztlich

wagten zu wenige KommunalpolitikerInnen,

„ihre“ Wasserversorgung aus der Hand

geben.

2011 hat Suez sieben Jahre vor Ablauf

der Konzession den Wasserversorger und

Abwasserentsorger an Remondis Aqua

verkauft – ohne den Rostocker Stadtrat

darüber auch nur zu informieren. Das war

diesem Anlass, die Konzession nicht erneut

zu vergeben. Ab 1. 7. 2018 können die etwa

200 Beschäftigten bei der nun Nordwasser

genannten Tochter der Rostocker Stadt-

werke wieder 100% öffentliche Daseins-

vorsorge betreiben. Und die Stadt hat den

Bürgerinnen und Bürgern schon sinkende

Gebühren zugesagt.

Wie die privaten Betreiber die Infrastruk-

tur instandgehalten und ausgebaut haben,

werden wir erst in den kommenden Mo-

naten erfahren. Klar ist aber, dass sie die

Beschäftigten um den Genuss des Tarifver-

trags für den öffentlichen Dienst gebracht

haben. Diese haben über Jahre geringere

Einkommen und weniger betriebliche Al-

tersvorsorge bekommen.

Diese Rekommunalisierung wie die in

Berlin und Stuttgart konnte erreicht wer-

den, weil wir mit unserem Kampf gegen

Liberalisierung auf EU-Ebene und gegen

Privatisierungen vor Ort gesellschaftliches

Bewusstsein für den Wert der öffentlichen

Daseinsvorsorge geschaffen haben.

DGB-Gewerkschaften gemeinsam mit

Nichtregierungsorganisationen und Bran-

chenverbänden waren vor diesem Hinter-

grund auch mit der Europäischen Bürger-

initiative „Wasser ist ein Menschenrecht

– right2water“ erfolgreich. Daran arbeiten

wir weiter.

Die Wasserprivatisierung lässt die BürgerInnen wie in Thessaloniki im Regen stehen.

REKOMMUNALISIERUNG

ÖFFENTLICH IST WESENTLICH

*Clivia Conrad

ist

Bundesfachgruppenleiterin für

Wasserwirtschaft und zuständige

Tarifkoordinatorin ö. D. der

ver.di

Bundesverwaltung.