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Wirtschaft & Umwelt 2/2018

Seite 19

gisch gewünschte und politisch voran-

getriebene „Shareholder-Demokratie“

(Beteiligung der englischen BürgerIn-

nen als KleinaktionärInnen) war rasch

zu Ende, denn die mit öffentlichen

Geldern entschuldeten Unternehmen

mit Monopol-Stellung waren begehrte

Übernahmeziele von europäischen und

nordamerikanischen Infrastrukturunter-

nehmen. Diese hatten sich aber selbst in

ihren Rendite-Erwartungen des privaten

Wassergeschäfts (15-20%) verschätzt

und so kam es Anfang der 2000er Jahre

zu einer zweiten wesentlichen Verschie-

bung hin zu Finanzinvestoren. Mit deren

Auftauchen veränderten sich die Ge-

schäftsmodelle und verschoben sich in

Richtung Finanzialisierung.

Ein typisches Kennzeichen für finan-

zialisierte Geschäftsstrategien ist, dass

erwirtschaftete Gewinne primär für die

Bedienung der Eigentümerinteressen in

Form von Ausschüttungen verwendet

werden. Die Analyse der Jahresbilan-

zen der privaten Wasser-Unternehmen

zeigt dies eindringlich. Konkret wurden

im Zeitraum 2007 bis 2016 von den 18,9

Milliarden Pfund an Gewinnen (nach

Steuern) mehr als 96% (18,1 Milliarden

Pfund) an Dividenden ausgeschüttet.

Statt diese Gewinne vollständig an

die EigentümerInnen auszuschütten,

hätte man sie auch einer alternativen

Verwendung zuführen können, indem

man sie in Infrastruktur re-investiert, die

Verschuldung zurückschraubt, Preise

für KonsumentInnen senkt oder die Ent-

lohnung der Beschäftigten erhöht.

Nachdem fast alle erwirtschafteten

Gewinne an die AktionärInnen ausge-

schüttet wurden, bleibt für die Finanzie-

rung von Infrastrukturinvestitionen nur

die weitere private Schuldaufnahme.

Dies führte zur ironischen Situation, dass

sich der Verschuldungsgrad seit der Pri-

vatisierung 1989 (als die Unternehmen

komplett entschuldet wurden und somit

schuldenfrei waren) stark erhöhte. Vor

diesem Hintergrund überrascht die gro-

ße Bedeutung der Finanzierungskosten

wenig – im Schnitt haben die neun engli-

schen Versorger in den letzten 10 Jahren

rund 1,46 Milliarden Pfund jährlich dafür

ausgegeben. Würde man stattdessen

die billigere öffentliche Finanzierung zu-

grunde legen, käme dies um zumindest

500 Millionen Pfund günstiger.

Top-Managment gewinnt –

Arbeitnehmer und

Konsumenten verlieren

Insbesondere die englischen Kon-

sumentInnen kommt dieses finanziali-

sierte Modell teuer zu stehen, denn die

Kapitalkosten (Dividenden-Zahlungen

an die EigentümerInnen sowie die Zins-

zahlungen für Fremdkapital) machten

laut englischem Regulator OFWAT rund

27% des Endkundenpreises aus. Auch

der öffentlichen Hand bleibt von den

erwirtschafteten Gewinnen nur ein be-

scheidener Anteil. Im Betrachtungszeit-

raum belief sich das Volumen an kumu-

lierten Gewinn-Steuern auf knapp 1,7

Mrd. Pfund – dies entspricht etwa 8%

bezogen auf die kumulierten Gesamtge-

winne in Höhe von 20,7 Mrd. Pfund (vor

Steuern). Schließlich zeigt sich ebenfalls

in Übereinstimmung mit der Finanziali-

sierungs-Literatur, dass die anteiligen

Ausgaben für alle Beschäftigten zurück-

gehen, während die Anteile für das Top-

Management zunehmen. So ist etwa die

Remuneration des Top-Managements in

Bezug auf den Umsatz zwischen 2003

und 2013 um56%gestiegen. ImGegen-

satz dazu ist der Anteil für Löhne und

Beispiel England

Daten zu Kosten und Nutzen privaten Eigentums von Bayliss und Hall finden

sich auf

http://gala.gre.ac.uk/17277/3/17277%20HALL_Bringing_Water_into_

Public_Ownership_2017.pdf

Private Investoren agieren unter Auschluss der Öffentlichkeit.

ª

Angesichts der öffentlich geprägten Wasser-

versorgung in der EU ist das Auftauchen von

Finanzinvestoren überraschend.