

Seite 20
Wirtschaft & Umwelt 2/2018
Gehälter bezogen auf den Umsatz
um 11% gefallen.
Während die Senkung der durch-
schnittlichen Kosten für die Beschäftig-
ten als Zeichen der Effizienzverbesse-
rung gesehen werden, gilt dies nicht für
die Entlohnung des Top-Managements.
Auch die hohen und steigenden Fremd-
finanzierungskosten unterliegen offen-
sichtlich einem anderen Bewertungs-
maßstab, obwohl sehr gut argumentiert
werden kann, dass diese Ausgaben
durchaus auch denselben Effizienzüber-
legungen unterstellt werden sollten. Der
Regulator OFWAT sieht hier allerdings
keinen Handlungsbedarf – anders als
der englische Rechnungshof, der insbe-
sondere die Zurückhaltung des Regula-
tors angesichts zunehmender Verschul-
dung sowie Intransparenz durch globale
Konzernstrukturen kritisiert. Implizit ist
hier auch die grundlegende Schwäche
des Regulierungsmodells angespro-
chen, welches die Bedeutungszunahme
von Finanzmarktakteuren sowie ihrer
Geschäftsmodelle weitgehend ignoriert.
Großbritannien als
Negativ-Beispiel
Der englische Fall zeigt die Kon-
sequenzen eines finanzialisierten Ge-
schäftsmodells am deutlichsten auf.
Aber auch in anderen Ländern ist eine
Bedeutungszunahme von Finanzin-
vestoren an privaten Wasserkonzernen
sichtbar. Dies trifft nicht zuletzt auf die
drei französischen Wasserkonzerne
Veolia, Suez und SAUR zu. Deren Inter-
nationalisierung seit den 1990ern kam
in den 2000er Jahren praktisch zum
Stillstand, da sich die Unternehmen mit
ihren Expansionsplänen übernommen
hatten. Der Einstieg von Finanzinvesto-
ren (sowie des französischen Staates)
im letzten Jahrzehnt sollte die Restruk-
turierung und Stabilisierung der drei gro-
ßen Wasser-Konzerne garantieren.
Auch in Portugal sind im letzten Jahr-
zehnt neben der chinesischen Beijing
Enterprises Water Group (BEWG) einige
Finanzinvestoren bei den im Krisenkon-
text in Schieflage geratenen privaten
Unternehmen in größerem Stil einge-
stiegen. Im Gegensatz dazu gibt es im
traditionell öffentlichen österreichischen
System bisher nur eine nennenswerte
Beteiligung von Finanzinvestoren – die
Finanzkonzerne Blackrock, Vanguard
& Co. halten indirekt jeweils weniger
als 0,5% an der niederösterreichischen
EVN Wasser AG. Aus dem Blickwinkel
der Finanzialisierungs-Forschung ist zu
hoffen, dass dies so bleibt und die Was-
Schwerpunkt
Wasser
Wasser ist ein öffentliches Gut.
Im Gegensatz zum finanzmarktge-
triebenen Geschäftsmodell der neun
englischen Wasserversorger hat man
in Wales um die Jahrtausendwende
einen anderen Weg eingeschlagen.
Das ebenfalls 1989 privatisierte
Unternehmen Welsh Water wur-
de um die Jahrtausendwende in
ein gemeinnütziges Unternehmen
umgewandelt, das am ehesten mit
einer Genossenschaft oder einer
gemeinnützigen Stiftung, die sich
selbst gehört, vergleichbar ist. All-
fällige Gewinne werden daher auch
nicht an AktionärInnen ausgeschüt-
tet, sondern in das Unternehmen
re-investiert, in Form von niedrigeren
Preisen an KonsumentInnen weiter-
gegeben oder zur Schuldentilgung
verwendet. Dadurch hat sich etwa
der Verschuldungsgrad von knapp
90% (2001) auf 60% (2015) redu-
ziert – ganz entgegen dem Trend der
englischen Versorger. Somit weist
Welsh Water auch die höchste Boni-
tät auf und kann sich dadurch güns-
tiger finanzieren. Ebenso wurden
in den letzten 15 Jahren rund 180
Mio. Pfund an „Kunden-Dividenden“
ausgeschüttet und 10 Mio. Pfund
für benachteiligte Kundengruppen
bzw. Sozialtarife ausgegeben. Die
moderate Entwicklung des Was-
serpreises zeigt sich darin, dass die
durchschnittliche Wasser-Rechnung
in realen Preisen niedriger ist als im
Jahr 2000. Angesichts dieser Ent-
wicklung wird das walisische Modell
als eine Alternative in der aktuellen
englischen Diskussion um die Re-
Kommunalisierung der Wasserver-
sorgung genannt.
RE-INVESTIEREN IST SINNVOLL
WELSH WATER ZEIGT, DASS ES ANDERS GEHT
ª