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Besonders kritisch zu hinterfragen

ist die in der Begründung der Richtli-

nie angeführte Feststellung, dass diese

Vorlage „die Wettbewerbsfähigkeit der

EU im Wassersektor erhält und Inno-

vationen mobilisiert.“ Hier muss einmal

mehr klargestellt sein, dass die Wasser-

versorgung eine Leistung der Daseins-

vorsorge ist und Wettbewerbsgedanken

dem Faktum des natürlichen Mono-

pols entgegenstehen. Wasser ist daher

grundsätzlich aus allen Liberalisierungs-

bestrebungen auszunehmen und hat in

Handelsabkommen und den EU-Bin-

nenmarktregeln nichts zu suchen.

Herausnahme aus

Handelsabkommen

Der nächste Versuch der Wasser-

liberalisierung erfolgt nunmehr über

Freihandelsabkommen á la CETA oder

TiSA. Das Zusammenwirken von Libe-

ralisierungsbestimmungen und Investi-

tionsschutzklauseln dieser Abkommen

geht in vielen Fällen über die aktuellen

Verpflichtungen hinaus. So bedeutet

dies, nicht nur für den Wasserbereich,

dass Liberalisierungsschritte kaum zu-

rückgenommen und Rekommunalisie-

rungen verunmöglicht werden.

Öffentliche Dienstleistungen wie

etwa die Wasserver- und Abwasserent-

sorgung sind Aufgaben, die aufgrund

ihrer essentiellen Rolle für Gesellschaft

undUmwelt nachanderenalsmarktwirt-

schaftlichen Regeln zu erbringen sind.

Politiker auf allen Enscheidungsebenen

müssen sich die hohen volkswirtschaft-

lichen Kosten und Risiken der Verwirt-

schaftlichung dieser sensiblen Bereiche

bewusst machen. Sie sollten erkennen,

dass eine unter demokratischer Kont-

rolle stehende, verantwortungsvolle und

effiziente öffentliche Grundversorgung

wie z.B. die Wasserwirtschaft absolut

notwendig für den sozialen Zusam-

menhalt der Gesellschaft ist. Gerade in

Zeiten eines weltweit aufkommenden

Populismus und des Erstarkens von

autokratischen Regierungssystemen

sind qualitativ hochwertige öffentliche

Dienstleistungen, soziale Gerechtigkeit,

Chancengleichheit und demokratische

Teilhabe wichtige Säulen zur Sicherung

unseres Gesellschaftsmodells.

¨

www.arbeiterkammer.at

Wirtschaft & Umwelt 2/2018

Seite 17

PSI -

http://www.world

-psi.

org/en/water-remunicipali­

sation-global-trend

Hier liest man alles zu internationalen

Veröffentlichungen rund um die Rekommu-

nalisierung. Während der letzten 15 Jahre

haben mehr als 180 Städte und Gemein-

den in 35 Ländern wieder die Kontrolle

über ihr Wasser erlangt - die Rekommuna-

lisierung findet statt!

TIPP

Wasser muss endlich

als Menschenrecht

anerkannt werden und

für alle qualitativ

hochwertig, flächen­

deckend und zu leistbaren

Preisen zur Verfügung

stehen. Wasser muss

Teil der öffentlichen

Daseinsvorsorge bleiben.

ROHRKREPIERER TRINK-

WASSER-RICHTLINIE?

Der Ende Januar von der Europäischen

Kommission vorgelegte Entwurf zur

Trinkwasser-Richtlinie ist eher eine

Neufassung als eine begrenzte Mo-

dernisierung mit Anpassungen bei den

Grenzwerten, die neue Erkenntnisse der

Weltgesundheitsorganisation WHO um-

setzen sollte. Das ist erstaunlich, weil die

aktuelle Richtlinie die Trinkwasserqualität

in der EU sehr gut gewährleistet hat. Und

statt einer angekündigten Entbürokrati-

sierung warten nun neue Pflichten auf die

Wasserversorger.

Die Kommission behauptet, die Überar-

beitung der Richtlinie sei auch Antwort

der EU auf die Europäische Bürgerinitiati-

ve (EBI) „Wasser ist Menschenrecht“. Die

InitiatorInnen der EBI – unter anderen

ver.di

und younion – haben sich allerdings

nie zur Trinkwasserqualität geäußert.

Denn sie sind der Ansicht, dass diese

durch die aktuelle Richtlinie gewährleis-

tet ist. In dem Entwurf ist tatsächlich ein

entsprechender erster Schritt in Richtung

„Wasser als Menschenrecht“ angedeutet.

Allerdings sollen die Mitgliedstaaten nicht

verpflichtet werden, den Zugang zu Was-

ser und Sanitärversorgung zu verbessern.

Sie sollen nur die Menschen, die bisher

keinen solchen Zugang haben, darüber

informieren und aufzeigen, wo sie sich

zum Beispiel sauberes Wasser kaufen

können. Das hilft nicht.

Daneben will die Kommission Inhalte

regeln, die nichts mit der Qualität des

Trinkwassers zu tun haben. Eingriffe in

Selbstverwaltung und unnötige Bürden

für die Versorger lassen Bedenken auf-

kommen. Kann die Kommission das noch

vor den Europawahlen hinkriegen? Wir

werden weiter Druck machen.

Kommentar: Clivia Konrad