Mag. Martin Längauer
ist
Jurist und Mitarbeiter der
Abteilung für Rechts-, Sozial-,
Steuer- und Umweltpolitik
der Landwirtschaftskammer
Österreich
ie gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffe stammen
in erster Linie aus dem Straßenverkehr, der Industrie
und dem Haushaltsbereich, Ammoniak spielt dabei
nur eine Nebenrolle. Es trägt als Vorläufersubstanz erst in Ver-
bindung mit Stickoxiden und Schwefeloxiden aus der Industrie
und dem Verkehr zur Feinstaubbelastung bei. Da Ammoniak
aber ein sehr leichtes Molekül ist und nur etwa zehn Prozent der
Masse des Feinstaubs ausmacht, bedeutet seine Reduktion kein
Wundermittel wie eine Schweizer Studie der Forschungsanstalt
Agroscope verdeutlicht: Ein Rückgang um zehn Prozent ver-
ringert die Feinstaubbelastung gerade einmal um 0,5 Prozent.
Die Hälfte der Ammoniakemissionen stammen aus einer
kleinstrukturierten Rinderhaltung, gerade diese ist es aber, die
für die Erhaltung der Landschaft als Basis für den Tourismus,
der Biodiversität etc. hauptverantwortlich zeichnet. Aber auch
durch den Einsatz von mineralischen Düngemitteln, deren
Verwendung für die Menschheit seit der Erfindung des Haber-
Bosch-Verfahrens (Herstellung von Ammoniak aus Stickstoff
und Wasserstoff ) nicht mehr wegzudenken ist und ein Bevöl-
kerungswachstum in diesemAusmaß erst ermöglichte, entsteht
Ammoniak. OhneDüngungwürden nur halb so vieleMenschen
auf der Erde leben können.
Die Art der Tierhaltung ist entscheidend für das Ausmaß der
Emissionen. Gerade unsere tierhaltungsfreundliche Bewirt-
schaftungsweise führt dazu, dass mehr Ammoniak emittiert
wird, da bei zunehmender Bewegungsfläche je Tier die Emissi-
onen steigen – ein deutlicher Zielkonflikt. Moderne Laufställe
emittieren um ein Vielfaches mehr als Ställe mit Anbindehal-
tung (Fakor 3:1), bei Schweineställen liegt der Unterschied zwi-
schen 2 und 4 kg je Tier und Haltungsverfahren.
Auch wenn der Anteil der Ammoniakemissionen aus den
Güllelagern mit ca. 20 Prozent vergleichsweise gering ist, wird
die Abdeckung der Güllelager vorangetrieben. So ist in einzel-
nenfeinstaubbelastetenTeilenÖsterreichseinesolcheverpflich-
tend vorgesehen, in anderen Regionen werden über Anreizsys­
teme Maßnahmen gesetzt. Eine natürliche Schwimmschicht,
die die einfachste und kostengünstigste Abdeckungsform dar-
stellt, erreicht bei der Rindergülle einen Minderungseffekt von
bis zu 80 Prozent der Emissionen. Einzelne Techniken wie die
biologische Abluftreinigung imSchweinebereich erweisen sich
jedoch als äußerst kostenintensiv oder nicht praktikabel, daher
sollten den jeweiligenMaßnahmen entsprechende Kosten-Nut-
zenanalysen vorausgehen.
Überzogene Auflagen für die Landwirtschaft führen zu
Wettbewerbsnachteilen des Produktionsstandortes mit Ver-
lusten in der Wertschöpfung und des Selbstversorgungsgrads,
dafür erhält der Konsument importiertes Fleisch aus Ländern
mit fragwürdigen Umwelt- und Tierschutzstandards.
Das höchste Minderungspotenzial liegt mit mehr als 50 Pro-
zent des Ammoniaks in der Gülleausbringung. Dem wird be-
reits heute durch Einarbeitungsverpflichtungen sowie zeitliche
bzw. mengenmäßige Beschränkungen, aber auch durch das
Umweltprogramm, das bodennahe Ausbringungsverfahren be-
sonders unterstützt, Rechnung getragen. Dadurch können rund
2,3 Mio. m
3
Gülle bodennah ausgebracht werden. Die österrei-
chische Landwirtschaft ist bemüht, ständig an Verbesserungen
zu arbeiten. Es ist aber völlig unangebracht und überzogen, den
Sektor als Hauptverursacher von Feinstaub darzustellen.
Mag. Martin Längauer *
verse
Wirtschaft & Umwelt 2/2014
Seite 33
auch im Agrarbereich?
D
CON
Bitte nicht vom Hauptproblem ablenken:
Ammoniak spielt nur eine Nebenrolle!
Energieeffizienz in der Landwirtschaft
Tim Kränzlein, Gabriele Mack (Agroscope, Reckenholz-Tänikon ART, CH-8356
Ettenhausen): Analyse der Energieeffizienz der schweizerischen und österreichi-
schen Landwirtschaft: ein rationalisierter Ansatz, in: Jahrbuch der Österreichi-
schen Gesellschaft für Agrarökonomie. Bd. 17, Facultas, Wien 2008.
Überzogene Auflagen führen zu
Wettbewerbsnachteilen.
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