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*Mag. Franz Greil
ist Mitarbeiter
der Abteilung Umwelt und Verkehr
in der AK Wien
nerhörtes hat sich inÖsterreich zugetragen. DieÖster-
reichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat
sich erdreistet und kundgetan, was ExpertInnen längst
wissen, aber von der Politik unter den Tisch gekehrt und der
Landwirtschaftskammer vehement verneint wird: Massen-
tierhaltung und Gülle tragen massiv zur Feinstaubbelastung
bei. Der dabei entstehende Ammoniak verursacht sekundären
Feinstaub, der über 1.000 km verfrachtet werden kann und ge-
rade in der feinstaubkritischen Jahreszeit (Herbst und Winter)
die Grenzwerte überschreiten lässt. Demnach sind bis zu 40
Prozent der Belastung in österreichischen Städten mit der be-
sonders kleinen Feinstaubfraktion (PM 2,5) nur der Gülle aus
der Landwirtschaft geschuldet.
Diese volksbildnerische Leistung der ÖAW sollte nicht un-
terschätzt werden, weil bei Feinstaub-Grenzwertüberschrei-
tungen jede noch so radikale Maßnahme (z. B. Umweltzone
mit Kfz-Fahrverboten, kostenintensive Auflagen für Indus-
trieanlagen) inbrünstig diskutiert wird, aber die Landwirt-
schaft außen vor bleibt. Worum geht es also, und was kann
effektiv gemacht werden?
Die Feinstaubbildung bei kalten Temperaturen aus Ammo-
niak kann chemisch unterbunden werden, indem Güllebecken
solide abgedeckt werden und mit Exkrementen angereicherte
Stallabluft nicht ungefiltert entweichen kann. Weiters sollte
die Gülleausbringung mit dem Traktor im Frühjahr nicht in
hohem Bogen, sondern zumindest bodennah erfolgen. Auch
bei der Massentierhaltung kann durch gezielte Tierfütte-
rung viel erreicht werden. Werden diese Maßnahmen be-
herzigt, entstehen keine sekundären Feinstaub-Partikel aus
Ammoniak. Gemäß der WHO (Weltgesundheitsorganisation)
sind diese wegen des Gesundheitsrisikos (Herz-Kreislauf-
Erkrankungen, Allergien, etc.) zu vermeiden. Auch die EU-
Ziele für eine gesunde Luft bis 2030 können damit erfüllt wer-
den.
Dies erfolgt in Österreich regional nur punktuell und halb-
herzig. Nötig wäre schlicht das, was jeder Gewerbebetrieb tun
muss: den letzten Stand der Technik einhalten. Güllegruben
und landwirtschaftliche (Mast-)Betriebe unterhalb von UVP-
Schwellenwerten wurden und werden aber immer noch nur
baurechtlich genehmigt, ohne an Luftreinhaltung und betrof-
fene AnrainerInnen denken zu müssen.
Die ÖAW hat dankenswerterweise den Wirkungsgrad die-
ser Maßnahmen ausgerechnet. Würden nur zehn Prozent der
einschlägigen Betriebe den Stand der Technik bei den auf-
gezeigten Maßnahmen einhalten, könnte die Belastung mit
Feinstaub (PM2,5) aus der Landwirtschaft in österreichischen
Städten (Anteil bis zu 40%) um die Hälfte reduziert werden.
Wohlgemerkt: Es geht um Großbetriebe mit mehr als 300
Schweinen, kleinere Betriebe unter diesem Schwellenwert
wären davon ausgenommen und hätten Kostenvorteile gegen-
über Betrieben mit Massentierhaltung.
Die Ausrede, zur sekundären Feinstaubbildung bedarf es
neben Ammoniak noch anderer Gase (Stickoxid, Schwefel),
hat einen Haken. Mengenmäßig ist sie nur über Ammoniak zu
steuern. Selbst drastische Reduktionen bei Stickoxiden und
Schwefel bewirken leider wenig.
Daher müssen wir die Bekämpfung von Feinstaub in Öster-
reich bei Verkehr, Industrie und Hausbrand endlich ernsthaft
um die landwirtschaftliche Komponente erweitern.
Mag. Franz Greil*
Kontr
Seite 32
Wirtschaft & Umwelt 2/2014
Feinstaub-Bekämpfung
U
PRO
Bei Feinstaub muss auch die Landwirtschaft in die Pflicht
genommen werden. Das Potenzial ist enorm.
Feinstaub: Massentierhaltung und Gülle
Laut der Kommission „Klima und Luftqualität“ der Österreichischen Akademie der Wissen-
schaften werden in Österreichs Städten je ca. 25 Prozent des Umgebungsluft-Feinstaubs von
Diesel-Kfz und Holzheizungen verursacht; 40 Prozent werden in der Atmosphäre großräumig
aus anderen Luftschadstoffen gebildet, wobei Ammoniak aus der Landwirtschaft die Partikel-
bildung kontrolliert.
bei groSSen Zuchtbetrieben
ansetzen hilft auch schon enorm!
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