er erfolgreich sein – weitreichende
Folgen für unseren Umgang als Gesell-
schaft mit natürlichen Lebensräumen –
und miteinander – haben wird. Umwelt-
und Naturschutzgesetzgebung sind seit
1992 durch Festsetzung klarer Grenz-
werte und der Verankerung des Ver-
ursacherprinzips gekennzeichnet. Bei
Nichteinhaltung gesetzlich festgesetzter
Grenzwerte droht bisher eine zivil- oder
strafrechtliche Verfolgung, deren fi-
nanzielle Folgen für Konzerne schwer
kalkulierbar sind. Es besteht bisher so-
mit ein klarer Anreiz zur Vermeidung.
Wenn marktbasierte Instrumente wie
Biodiversitätszertifikate in Umweltge-
setzgebung und Raumplanungsverfah-
ren verankert werden, führt dies in der
Folge dazu, dass ehemals zivil- bzw.
strafrechtlich relevante Verstöße gegen
gesetzlich festgesetzte Grenzwerte mit-
tels Zahlung einer Gebühr (Erwerb von
Kompensationszertifikaten) gesetzes-
konform werden. Zivil- bzw. strafrecht-
liche Verfolgung sind dann kaum noch
möglich, weil das Gesetz Nichteinhal-
ten von den festgesetzten Grenzwerten
nicht mehr per se als Verstoß gegen das
Gesetz definiert, sondern mittels markt-
konformer Instrumente bzw. Zahlung
von Gebühr als gesetzeskonform defi-
niert. Damit werden auch die Kosten für
Verletzung von Grenzwerten kalkulier-
bar für Konzerne, und somit versicher-
bar, steuersparend gegen Gewinne auf-
rechenbar, etc..
Folgenreicher Umbau
Ein solcher paradigmatischer Umbau
der bestehenden Umweltgesetzgebung
reduziert somit zwangsläufig den An-
reiz für Vermeidung. Mehr noch, ein
solcher Wandel schwächt auch einen der
Grundpfeiler unseres demokratischen
Verständnisses - dass vor dem Gesetz
alle gleich sind. Eine Verankerung von
Kompensationszertifikaten in Umwelt-
gesetzgebung und Raumplanung, wie
sie sich derzeit abzeichnet, eröffnet
somit die Option, mittels Kompensa-
tionszertifikaten das Recht zu kaufen,
gesetzlich festgelegte Grenzwerte zu
missachten. Auch deshalb sind Kom-
pensationszertifikate und die damit ein-
hergehende monetäre Bewertung von
Natur ein gefährlicher Irrweg, dem es
sich zu widersetzen gilt.
£
Schwerpunkt
Seite 24
Wirtschaft & Umwelt 2/2014
Interview folgt
*
Dipl. Ing.in Regina Hrbek
ist Leiterin der
Umweltabteilung der eigenständigen Freizeit-
und Umweltorganisation Naturfreunde
Österreich.
Was versteht man unter alpiner
Infrastruktur?
Hrbek :
Die alpine Infrastruktur
ist die Grundlage dafür, dass alle
Österreicher und Österreicherinnen
ihrer beliebtesten Freizeitbeschäf-
tigung nachgehen können – dem
Wandern. Die Berge und mit ihnen
untrennbar verbunden auch die
Schutzhütten und Wege, sind Teil
der Geschichte, der Kultur und der
Identität Österreichs. Die alpinen
Vereine mit ihren über 600.000
Mitgliedern erhalten diese für den
Sommertourismus wichtige Inf-
rastruktur und ermöglichen somit
eine sichere Benutzung der rund
50.000 km Wanderwege und 475
Hütten mit knapp 25.000 Schlaf-
plätzen.
Ist deren Erhalt gesichert?
Hrbek :
2013 sah es nicht danach
aus. Nach dreimaliger Kürzung in
Folge standen die Förderungen
des Bundes im Jahr 2013 am
Stand von 1991, und das trotz
massiver Kostensteigerung durch
ständig neue Behördenauflagen,
ökologische Energieversorgung,
neue Wasserver- und Abwasser­
entsorgungsanlagen usw. Daher
starteten die alpinen Vereine die
Petition „Pro Hütten und Wege“,
die innerhalb von kürzester Zeit
über 125.000 Unterschriften er-
reichte. Das Finanzministerium hat
daraufhin die Erhöhung der Förde-
rungen von 1,5 Mio. Euro jährlich
auf 3,6 Mio. Euro für die Jahre
2013 bis 2017 zugesichert! Mit
diesem Betrag kann die Erhaltung
und nachhaltige Sicherung der al-
pinen Infrastruktur für die nächsten
fünf Jahre gewährleistet werden.
Wegefreiheit: Worum geht es,
was ist dabei wichtig?
Hrbek :
Nicht zuletzt aufgrund der
zunehmenden Freizeitaktivitäten in
der Natur kommt es immer wieder
zu Konflikten zwischen Erholung
Suchenden und Grundeigentümer­
Innen. Die Naturfreunde haben
es sich zur Aufgabe gemacht ihre
Mitglieder aufzuklären – 2013
erschien die Broschüre „Berg
frei – Weg frei!?“ – und werben für
ein konstruktives und respektvolles
Miteinander. Gleichzeitig kämpfen
wir aber gegen Beschneidungen
im Wegerecht und setzen uns bei
Problemen in diesem Bereich, wie
etwa rechtswidrige Sperren des
Waldes, aktiv für Wanderer und
Bergsteiger ein.
Was bezwecken beispiels-
weise die Naturfreunde-
Projekte „Natura Trails“ oder
„Wasser:Wege“?
Hrbek :
Mit diesen Projekten,
welche beide in Kooperation mit
den Österreichischen Bundesfors-
ten durchgeführt werden, wollen
die Naturfreunde allen interes-
sierten Menschen die Natur näher
bringen. Sowohl das Wasser:Wege
als auch das Natura Trail Projekt
zielen darauf ab, auf Besonderhei-
ten von naturnahen Lebensräumen
und Schutzgebieten mit ihrer Tier-
und Pflanzenwelt aufmerksam zu
machen und zu einem verantwor-
tungsbewussten Freizeitverhalten
anzuregen.
Interview mit Regina Hrbek
Bewegung in der Natur
Bewegung in der Natur wird allerorts propagiert. Doch wie steht es
um die alpine Infrastruktur (475 Schutzhütten und 50.000 km Berg-
wege), um Naturschutz, Forstinteressen und Wegefreiheit?
Fotos: Schuh (1), Naturfreunde (1)
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