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*Mag. Franz Greil
ist Mitarbeiter
der Abteilung Umwelt und Verkehr
in der AK Wien
ugesprochene Elfmeter müssenwirklich getretenwer-
den! Seit mehr als zwei Jahrzehnten fordert Österreich
bei der EU mehr Kostenwahrheit im Schwerverkehr
ein, weil der Lkw nicht nur bei der Straßenbenützung, sondern
auch entlang des Weges Folgekosten durch Luftverschmut-
zung und Lärm verursacht. Seit 2011 können wir dies auch
EU-rechtlich innerhalb von Höchstgrenzen und Rahmenbe-
dingungen umsetzen. Mautzuschläge mit einem Potenzial von
maximal 100 Millionen Euro könnten demnach zweckgewid-
met für vermeidende Maßnahmen oder zur Errichtung von
Bahnstrecken verwendet werden. Nur, es scheitert am Veto
der Wirtschaft. Rund zwei Drittel der Lkw-Mauteinnahmen
auf Öster­reichs Autobahnen stammen von Lkw mit auslän-
dischem Kennzeichen. Viele davon sind Transit-Lkws oder
„steuerschonend im Ausland angemeldete“ Brummis. Die
Auswirkung der Lkw-Maut auf den Endpreis für Konsumen-
tInnen und die Belastung für die „österreichische Wirtschaft“
ist bei einem Mautaufschlag marginal.
Reeller dagegen sind die von Lkw verursachten Gesund-
heitskosten. Über Verkehrslärm klagt in Österreich jeder
Dritte, besonders entlang von Autobahnen, wo weniger Pri-
vilegierte leben. Bei der lebensverkürzenden Feinstaub- und
Stickstoffdioxidbelastung hat der Lkw einen entscheidenden
Anteil bei Krankheiten (z. B. Herz und Kreislauf, Reizung
der Atmungsorgane). Da steckt nicht nur menschliches Leid,
sondern auch Geld dahinter. Wenn berufstätige Eltern mit dem
Kind wegen Asthmaanfällen zum Arzt gehen müssen, zahlen
Arbeitnehmer- und ArbeitgeberInnen in Österreich dies sehr
wohl in Form von Sozialversicherungsbeiträgen und Kran-
kenständen. Mit einem Mautzuschlag könnte man intelligente
Maßnahmen zur Entlastung von stark befahrenen Autobahnab-
schnitten finanzieren und Lkw-Folgekosten vermeiden. Ohne
Mautzuschlag bleiben aber eben die „exterritorialen“ Lkw
außer Obligo, weil sie mit dem herkömmlichen Steuersystem
schwer greifbar sind. Es geht bei dieser Debatte, wie es in der
Ökonomie so schön sperrig heißt, eben um eine „Internalisie-
rung der externen Kosten“. Anders gesagt, der Verursacher,
und nicht die Allgemeinheit über das allgemeine Budget, soll
für diese Folgekosten zahlen. Bei einem bereits bestehenden
Lkw-Mautsystem kann man dieses abstrakte Konstrukt leicht
umsetzen und dieWirtschaft mit „richtigen Preisen“ versorgen.
Die Wirtschaftskammer tritt ebenso für den Ausbau der
Brenner- und der Baltisch-Adriatischen Achse (Südbahnach-
se) als „Infrastrukturdrehscheibe für den Wirtschaftsstandort
Österreich“ ein. Bezahlen sollen den milliardenschweren
Tunnelausbau am Brenner, Semmering und an der Koralm –
neben bescheidenen EU-Zuschüssen – aber ausschließlich die
SteuerzahlerInnen. Auch hier gilt: Beim Ausbau dieser trans-
europäischen Verkehrswege sollen wirklich auch alle Akteure
bezahlen. Zur Orientierung: die Baukosten des Koralmtun-
nels alleine sind auf rund fünf Milliarden Euro veranschlagt,
das jährliche Aufkommen aus einem Mautzuschlag zur Quer-
finanzierung dagegen mit knappen 20 Millionen Euro. Ein
solcher Beitrag der Wirtschaft ist zumutbar, wenn einem der
Wirtschaftsstandort wirklich ernst ist. Deshalb ist die AK für
diese Mautoption. Der Elfmeter muss verwertet werden!
Mag. Franz Greil*
Kontr
Seite 32
Wirtschaft & Umwelt 1/2014
„Mehr Lkw-Maut für
Z
PRO
Lkw-Maut-Zuschläge bringen Entlastung für die Allge-
meinheit bei Folgekosten.
Die Lkw-Maut als Öko-Steuer
Der AK-Tagungsband Verkehr und Infrastruktur Nr. 45 thematisiert den EU-rechtlichen Hand-
lungsspielraum bei der Anlastung von externen Kosten des Lkw-Güterverkehrs auf Autobah-
nen. Durch das Inkrafttreten der EU-Richtlinie 2011/76/EU („Eurovignette“) am 14. Oktober
2012 können erstmals die Kosten für Lärm und Luftverschmutzung verursachergerecht in
Rechnung gestellt werden.
Wirtschaft heiSSt mehr, als nur an
Frächter zu denken
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