Schwerpunkt
Fotos: Schuh (1)
Wirtschaft & Umwelt 1/2014
Seite 23
Gaspreise für private Haushalte zu den
teuersten in Europa gehören.
Mit den ersten Schwierigkeiten, die
Energierechnung zu bezahlen, beginnt
sich meist die Energiearmutsspirale zu
drehen: Hohe Nachzahlungen, Voraus-
zahlungen und höhere Teilzahlungs-
beträge für Strom und Wärme stellen
für viele unüberwindbare finanzielle
Hürden dar. Wer über einen längeren
Zeitraum die Energierechnungen nicht
zahlt, dem droht schlussendlich die
Abschaltung. Die immer höhere Zahl
der Betroffenen und Forderungen von
Konsumentenschutzorganisationen, wie
der AK, nach Schutzmaßnahmen führte
schließlich zu einer besseren rechtlichen
Absicherung von Energiekonsumen-
tInnen im Allgemeinen und zu Schutz-
maßnahmen für einkommensschwache
Haushalte im Besonderen. 2009 forder-
te die EU-Kommission im Rahmen des
dritten EU-Energiebinnenmarktpakets
erstmals die Mitgliedstaaten auf, Maß-
nahmen gegen Energiearmut zu ergrei-
fen und für schutzbedürftige KundInnen
(„vulnerable customer“) eine ausrei-
chende Energieversorgung zu gewähr-
leisten.
Österreich hat diese Vorgaben im
Elektrizitätswirtschafts- und -organisa-
tionsgesetz 2010 (ElWOG 2010) und
im Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG
2011) umgesetzt. Kernstück dieser
Schutznormen ist das Recht auf Grund-
versorgung: HaushaltskundInnen, die
sich gegenüber einem Strom- oder Gas-
lieferanten auf die Grundversorgung be-
rufen, müssen mit Energie beliefert wer-
den, wobei der Tarif nicht höher sein
darf als jener, zu dem die meisten der
HaushaltskundInnen dieses Lieferanten
beliefert werden. Auch ist das Vorlie-
gen von Altschulden kein Ablehnungs-
grund. Sicherheitsleistungen sind nur in
Höhe eines monatlichen Teilzahlungs-
betrages erlaubt. Geraten KundInnen in
der Grundversorgung in Zahlungsver-
zug, dann kann die drohende Abschal-
tung verhindert werden, indem sich die
KundInnen einen Vorauszahlungszähler
(Prepayment) installieren lassen.
Aber die Schutzmaßnahmen schei-
nen nicht ausreichend zu wirken. Denn,
so Christina Veigl-Guthann auf der
Fachtagung „Armutsfalle Energie?“,
es befinden sich derzeit österreichweit
nur neun Haushalte in der Grundver-
sorgung. Ein wesentlicher Grund dafür
dürfte einerseits fehlendes Wissen sein,
andererseits sind diese Menschen oft
mit ihrem schwierigen Alltag überfor-
dert. Umso wichtiger ist es, sie aktiv zu
unterstützen: Ab 2015 sind alle größeren
Energielieferanten gesetzlich dazu ver-
pflichtet, eine Beratungsstelle für Haus-
haltskundInnen einzurichten, die auch
gezielte Beratung zu Energiearmutsthe-
men anzubieten hat. Wien Energie hat
bereits seit zwei Jahren eine Ombuds-
stelle für soziale Härtefälle eingerichtet.
Benachteiligte Fern- und
NahwärmekundInnen
Hingegen entzieht sich ein weiterer,
wichtiger Bereich der Energieversor-
gung, nämlich jener mit Fern-/Nahwär-
me, gänzlich den besonderen Schutzbe-
stimmungen im Energiebereich. Fern-/
NahwärmekundInnen haben derzeit
kein Recht auf die Grundversorgung mit
Wärme. Kommt es zu Altschulden oder
Angemessene Wärme
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
legt als Referenzwerte für thermische
Behaglichkeit eine Temperatur von 21°C
imWohnraum und 18°C in den weiteren
Räumen fest.
Strompreisvergleich
Obwohl die Strom-Großhandelspreise deutlich gesun-
ken sind, wurden diese Preissenkungen weder zeitnah
noch in vollem Ausmaß an die Haushalts-KundInnen
weitergegeben.
Energiepreismonitoring_2014.pdf
Grundversorgung
bedeutet die Pflicht der Strom- und Gaslieferanten
und Netzbetreiber zur Versorgung eines Haus-
haltskunden mit Energie, auch wenn Altschulden
vorliegen. Die KundInnen müssen sich aber beim
Wahl-Lieferanten oder Netzbetreiber darauf berufen.
Die Steigerung der Energieeffizienz
ist eine der wichtigsten Maßnahmen
gegen Energiearmut: Denn nur so
gelingt es, den Energieverbrauch
und damit auch die Energiekosten
zu senken. Das sollte sich auch im
zukünftigen Bundes-Energieeffizi-
enzgesetz widerspiegeln. Österreich
ist verpflichtet, bis Juni 2014 die
EU-Energieeffizienz-Richtlinie ins
nationale Recht umzusetzen. Im Kern
geht es darum, Energielieferanten
zu verpflichten, Energieeffizienz-
maßnahmen zu setzen, die dazu
führen, dass der Energieverbrauch
um 1,5 % jährlich reduziert wird. Der
Anknüpfungspunkt bei den Energie-
lieferanten ermöglicht die Erfassung
aller Energieträger – von Strom über
Fernwärme bis hin zu den Treibstof-
fen. Gemessen wird die gesetzliche
Regelung auch an einer gerechten
Verteilung der Kosten und des
Nutzens: Im Regierungsprogramm
ist festgehalten, dass 40 Prozent der
Energieeffizienzmaßnahmen so zu
setzen sind, dass sie auch bei den
Haushalten wirksam werden.
Energiearmut
Entlastung durch Energieeffizienz
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Im Jahr 2011 waren 219.000 Menschen
in Österreich von Energiearmut
betroffen.
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