Zahlungsverzügen droht die Abschal-
tung, ohne Wenn und Aber. Während im
regulierten Strom- und Gasbereich alle
HaushaltskundInnen vor der Abschal-
tung drei Mal gemahnt werden müssen,
wobei die dritte Mahnung in Form eines
eingeschriebenen Briefes zu erfolgen hat
(so genannte „qualifizierte Mahnung“),
gibt es dafür im Fern-/Nahwärmebereich
keine besonderen Bestimmungen. Dabei
wäre dies gerade in diesem Bereich, wo
den Versorgern eine de facto Monopol-
stellung zukommt, besonders wichtig.
Ist die Entscheidung für eine Wärmever-
sorgung über ein Fern-/Nahwärmenetz
gefallen, gibt es danach keine technisch-
wirtschaftliche Alternative die Hei-
zungsform zu wechseln. Vor allem im
urbanen Bereich wird diese wesentliche
Entscheidung in der Regel nicht von den
WohnungsnutzerInnen getroffen, son-
dern vomBauträger. Die Wohnungsnut-
zerInnen müssen aber die Kosten tragen.
Wird der Fern-/Nahwärmeanschluss we-
gen Zahlungsverzug abgeschaltet, grei-
fen die meisten Betroffenen zum teuren
Heizen mit Strom – das Schuldenkarus-
sell beginnt sich zu drehen. Die Zahl je-
ner, die potenziell davon betroffen sein
könnten, ist groß: Denn 22 Prozent aller
Wohnungen in Österreich werden mit
Nah- /Fernwärme beheizt. Bei Gebäuden
mit 20 und mehr Wohnungen liegt dieser
Anteil sogar bei 48 Prozent.
handlungsbedarf
Erstmals wurde mit dem Arbeitspro-
gramm der österreichischen Bundes-
regierung (2013 bis 2018) in Aussicht
gestellt, eine Verbesserung der Rechte
der KonsumentInnen im Bereich der
Nah-/Fernwärme in Analogie zu Strom
und Gas zu überprüfen. Ein Schritt,
der dringend erforderlich ist, denn für
Fern-/NahwärmekundInnen bestehen
keine besonderen energierechtlichen
Regelungen – wie Informationsver-
pflichtungen, Transparenzvorschriften
oder hinsichtlich der Anrufung einer
unabhängigen Schlichtungsstelle im
Falle von Rechnungsstreitigkeiten. Von
den fehlenden Schutzbestimmungen
sind einkommensschwache Haushalt
natürlich besonders stark betroffen.
Noch deutlicher kann sich der dringen-
de Handlungsbedarf in diesem Bereich
wohl nicht zeigen.
£
Schwerpunkt
Seite 24
Wirtschaft & Umwelt 1/2014
Interview folgt
*
Wolfgang Katzian
ist Vorsitzender der
Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck,
Journalismus, Papier.
Ist Klimawandel ein Thema für
die Gewerkschaft?
Katzian:
Der Klimawandel und
der menschliche Beitrag dazu
ist für die Gewerkschaft insofern
Thema, als dass unsere Mitglieder
wie alle anderen BürgerInnen an
einer lebenswerten Umwelt jetzt
und in Zukunft interessiert sind.
Sie sind in den unterschiedlichen
Branchen, aber auch direkt als
ArbeitnehmerInnen betroffen. Viele
Regelungen, die dem Klimaschutz
dienen sollen, schlagen auf ihre
Arbeitsbereiche durch und der
massive Veränderungsdruck wird
oft direkt an sie weitergegeben.
Gleichzeitig entstehen neue Be-
reiche – die so genannten „green
jobs“, die aber nicht immer un-
bedingt auch „good jobs“ sind –,
die man gewerkschaftlich stärker
erschließen muss, um faire und
anständige Rahmenbedingungen
durchzusetzen.
Energieverbrauch: Leben wir
über unsere Verhältnisse?
Katzian:
Wir erleben tagtäglich
eine Zunahme an Technologisie-
rung und Elektrifizierung unseres
Alltags im Zeichen der Komfort-
steigerung. Nicht alles ist dabei
unbedingt nötig, auch wenn es
vielleicht bequem erscheint – im
Winter im Schanigarten sitzen
würde mir da einfallen. Im globalen
Vergleich sind die USA und Europa
im individuellen Energieverbrauch
sicher weit voran. Abstinenz ist
aber nicht die richtige Lösung, es
geht vielmehr um den verantwor-
tungsvollen Umgang mit Ener-
gieressourcen. Vom Markt alleine
können wir das nicht erwarten,
daher brauchen wir auch den Ein-
fluss der Politik, um in dieser Frage
steuernd einzugreifen.
Hilft Energieeffizienz gegen den
Klimawandel?
Katzian:
Die Steigerung der
Energieeffizienz ist mit Sicherheit
ein zentraler Bestandteil der Bemü-
hungen zur Bekämpfung des Kli-
mawandels, schließlich würde uns
ein ungebremstes Wachstum des
Energieverbrauchs vor dramatische
Herausforderungen stellen. Mehr
Energieeffizienz ist aber nicht nur
ein Hebel für den Klimaschutz, sie
trägt auch zu einer Dämpfung bei
der Kostenentwicklung bei, sowohl
im Haushaltsbereich als auch in
den Unternehmen.
Führt Energiesparen nicht zu
Energiearmut?
Katzian:
Beim Thema Energie-
effizienz geht es nicht ums bloße
Energiesparen, sondern um den
geringeren Energieverbrauch
für die gleiche Leistung. Die He-
rausforderung besteht darin, bei
gleich bleibendem Komfort
weniger Energie zu verbrauchen
und die Einsparung nicht durch
andere Anwendungen zu neutrali-
sieren. Die Antwort auf das Prob-
lem der Energiearmut ist also nicht
möglichst billige Energie, sondern
die Verbilligung der Dienstleis-
tungen Licht, Raumwärme und
Mobilität.
Interview mit Wolfgang Katzian
Energieverbrauch und Klimawandel
Der Energiehunger wird als Ursache des Klimawandels gesehen,
Energieeffizienz soll aus dem Dilemma führen. Die Politik disku-
tiert, die Wirtschaft beklagt die hohen Kosten und für die Konsu-
mentInnen scheint alles nur teurer zu werden.
Fotos: Schuh (1), GPA-djp (1)
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