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AK FÜR SIE 05/2018
Gold, nicht Blech für d
Arbeiterkammer
Die Gewerkschafterin Renate Anderl wurde Ende
April zur Präsidentin der Arbeiterkammer gewählt.
„Meine Schwerpunkte sind Arbeit, Wohnen, Chancen“,
erklärt sie im Interview mit AK FÜR SIE.
D
ie 40-Stunden-Woche, das
Gesetz zur Gleichbehand-
lung von Frauen und Män-
nern, die Abfertigung auch
für ArbeiterInnen: Es war
eine Zeit des Aufbruchs, als
Renate Anderl nach der Han-
delsschule als Büroassistentin in den Be-
ruf einstieg. Bald war sie Betriebsrätin und
Bundesfrauensekretärin in der damaligen
Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie,
zuletzt geschäftsführende
Bundesfrauenvorsitzende
und Vizepräsidentin des
Österreichischen Gewerk-
schaftsbunds. Sie weiß,
dass und wie sich Verbes-
serungen für Arbeitneh-
merInnen durchsetzen las-
sen. Seit Ende April ist sie
AK Präsidentin, löste Rudi
Kaske in dieser Funktion ab.
Und macht gleich eine klare
Ansage.
Bei der Wahl zur AK Präsidentin über-
gab Vorgänger Rudi Kaske Boxhand-
schuhe. Müssen die ArbeitnehmerIn-
nen und die AK jetzt harte Bandagen
anlegen?
ANDERL: Das kommt darauf an. Die Bun-
desregierung lässt die Reichen mit Un-
summen davongaloppieren. Gleichzeitig
will sie bei jenen sparen, die jetzt schon
nichts haben, überlegt die Abschaffung
der Notstandshilfe für Arbeitssuchende.
Da ist jetzt die Frage, ob die Regierung auf
unsere Argumente hören will oder nicht.
Was geht gar nicht?
Dass einfach über die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer drübergefahren wird.
Die Arbeiterkammer ist der starke Schutz-
schirm der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer. Wir vertreten 3,7 Millionen Arbei-
terkammer-Mitglieder in ganz Österreich.
Mein oberstes Ziel ist, dass die Beschäf-
tigten die Wertschätzung
und den Respekt erhalten,
der ihnen gebührt. Wenn
es um Skifahren und den
Sport geht, wollen wir Gold,
nicht Blech. Ebenso wollen
wir Gold, nicht Blech, wenn
es um die Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer geht.
Das heißt konkret?
Ich möchte gegen das Vor-
haben auftreten, Schutz-
standards zu senken. Das ist im Regie-
rungsprogramm unter „Rücknahme von
Gold Plating“ zusammengefasst. Gemeint
ist, dass wir keine besseren Regelungen
haben sollen als die Mindeststandards der
EU. Als AK Präsidentin kämpfe ich dafür,
dass das österreichische Arbeitsrecht, das
in vielen Bereichen besser ist als die EU-
Mindestnormen, erhalten bleibt. Und es
soll verbessert werden. Generell sind mei-
ne Themenschwerpunkte Arbeit, Wohnen,
Chancen.
„Die Arbeit-
nehmerinnen und
Arbeitnehmer müs-
sen den Respekt
erhalten, der ihnen
gebührt.“
Die neue AK Präsidentin
Renate Anderl
fordert mehr
Rechte für die Beschäftigten
„Ich wüsste nicht,
warum wir uns
hundert Jahre
zurück kata-
pultieren sollten.“
Für
Renate Anderl
kommt ein genereller
Zwölf-Stunden-Tag
nicht in Frage
Foto: Sebastian Philipp