Ceta – Von Märchen un
Welthandel
Mehr Risiken als Nutzen – das bringt das
Handelsabkommen zwischen Kanada und der
EU, kritisiert die AK. Befürworter sprechen von
Populismus. Was sie sagen – und was stimmt.
Schiedsgerichte, die internationalen Kon-
zernen Vorteile bringen, werden von der
Industrie massiv eingefordert. Hier die
häufigsten Aussagen – und was wirklich
stimmt.
1
Ceta ist ein Handelsabkommen wie
schon viele andere zuvor. Es ist so-
lide, alles ist klar geregelt. Und Ceta ist
nicht TTIP. Stimmt das?
Falsch, denn Ceta gehört, genauso wie
TTIP, zu einer neuen Generation von Han-
dels- und Investitionsabkommen. Es geht
weit über den klassischen Freihandel
durch Zollsenkungen hinaus, weil auch
viele andere Bereiche – etwa der Investiti-
onsschutz und die Schiedsgerichte – be-
handelt werden. Zudem zeigt die Analyse
des vorliegenden Vertrags, dass er rechtli-
che Unklarheiten beinhaltet. So ist die Da-
seinsvorsorge nicht lückenlos geschützt.
Standards werden unter Druck gesetzt.
Weiters ist das Abkommen in vielerlei Hin-
sicht Vorläufer für TTIP. Wird Ceta unver-
ändert akzeptiert, ist es kaum möglich, für
TTIP Ausnahmen zu verhandeln. Fazit: Ce-
ta ist TTIP durch die Hintertür.
2
Ceta bringt Wirtschaftswachstum
und schafft Arbeitsplätze. Wirklich?
Studien haben ergeben, dass das Abkom-
men das Wirtschaftswachstum nur mini-
mal beeinflusst. In Zahlen ausgedrückt: In-
nerhalb der kommenden zehn bis 20 Jahre
wird das Bruttoinlandsprodukt in der ge-
samten EU nur um 0,023 Prozent wach-
sen, in Österreich nur um 0,016 Prozent.
Die Effekte können damit maximal mit der
Lupe gefunden werden – ebenso wie die
Auswirkungen auf die Beschäftigung. Im
besten Fall würden hierzulande in den
kommenden zehn bis 20 Jahren 450 neue
GewerkschafterInnen auf der großen Demo
gegen Ceta: Viele in Österreich sind besorgt
Foto: Lisi Specht
Ü
berall in Europa gehen die Men-
schen derzeit auf die Stra-
ßen. Ihr Protest richtet sich
gegen
die
Handelsab-
kommen Ceta (zwischen der
EU und Kanada) und TTIP (zwischen
den USA und EU).
Doch während sich TTIP noch im
Verhandlungsstatus befindet (seit 3. Ok-
tober wird wieder verhandelt), liegt Ceta
praktisch fertig am Tisch und soll Ende
Oktober auf dem EU-Kanada-Gipfel un-
terzeichnet werden. Die AK hat in vielen
Studien auf die Gefahren von Ceta auf-
merksam gemacht.
Doch Ceta-Befürworter werden nicht
müde, Argumente für Ceta ins Treffen zu
führen und den Gegnern Populismus
vorzuwerfen. Sie führen etwa die Schaf-
fung von Arbeitsplätzen ins Feld. Auch
dass Ceta das Wirtschaftswachstum in
der Europäischen Union und damit auch
in Österreich beflügelt, wird immer wie-
der aufs Tapet gebracht. Und auch die
Handels- und Investitionsabkommen
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Ein Handelsabkommen
ist ein völkerrechtlicher Vertrag, mit dem sich Staaten untereinan-
der verpflichten, Zölle abzubauen, technische Standards anzugleichen, Marktzugänge zu
gewähren und einiges mehr.
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Die Vertragsstaaten
können mit einem herkömmlichen Handelsabkommen beispielsweise
ihren Warenhandel fördern. Der Warenaustausch wird ausgeweitet, indem Zölle, Exportbeschrän-
kungen und Importquoten abgeschafft werden.
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Wie die Vertragspartner
ihre Handelsbeziehungen zu Drittländern gestalten, steht ihnen
frei. Das ist der Hauptunterschied zu einer Zollunion.
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Die Europäische Kommission
will jetzt umfassende Handels- und Investitionsabkommen der
„neuen Generation“ mit dem Rest der Welt abschließen. Da Zölle durch bereits bestehende
Abkommen schon weitestgehend abgebaut sind, stehen unter dem Stichwort „Handelshemmnisse“
Schutzbestimmungen und eine eigene Schiedsgerichtsbarkeit für ausländische Investoren. So kann
der Investor bei Streitigkeiten nationale Gerichte umgehen und ein Schiedsgericht anrufen.
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AK FÜR SIE 10/2016