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AK FÜR SIE 10/2015
Bildung
Forschen im
Kindergarten
Vicky und Artur lernen im Kindergarten Mathe-
matik, ohne zu wissen, was das überhaupt ist.
So funktioniert Bildung im Kindergarten.
V
icky Pause (fünf) schiebt die
Sicherheitsbrille über ihre
blonden Locken. Artur Gni-
da, der wie seine Kollegin mit
Labormantel und Brille ausge-
rüstet ist, sitzt ihr gegenüber.
Fünf, sechs weitere drei- bis fünfjährige
Mädchen und Buben drängen sich um den
Tisch, auf dem Kindergartenpädagogin Eli-
sabeth Curda ein Experiment vorbereitet
hat. „Was seht ihr denn hier vor euch?“,
fragt Curda. „Einen Trichter!“, „Backpul-
ver!“, „Luftballons!“, rufen
die Kinder durcheinander.
Auch eine Flasche mit
Essig steht dabei. Curda
bespricht die Ausgangs-
stoffe des Experiments mit
den Kleinen: „Was macht man mit Backpul-
ver?“ „Man gibt es in den Kuchen!“ „Wo-
zu?“ „Damit er hart wird!“ Nein, wirklich?
„Nein, damit er größer wird!“
Mehr Pädagoginnen im Einsatz
Dann geht es zur Sache. Artur darf zuerst
Backpulver durch einen Trichter in eine lee-
re Flasche füllen und vorsichtig Essig dar-
auf gießen. Dann wird schnell ein Luftballon
über den Flaschenhals gezogen. „Schaut,
was passiert!“, ruft Curda, und die Kinder
blicken gebannt auf ihr Experiment. Das
Gas, das durch die chemische Reaktion
der Stoffe in Backpulver und Essig freige-
setzt wird, lässt den Ballon anschwellen.
Es ist der wöchentliche Forschungstag
in Vickys und Arturs Gruppe im Kinder-
freunde-Kindergarten in der Inzersdorfer
Straße in Favoriten. Das heißt, dass heute
mehr Pädagoginnen für die 25 Kinder im
Einsatz sind. Sie haben entsprechende Zu-
satzausbildungen der gemeinnützigen Bil-
dungsinitiative „Haus der kleinen Forscher“
abgeschlossen und sind für die Lernerfah-
rungen ihrer Schützlinge zuständig.
Der Forschungstag besteht
aus mehreren solcher Experi-
mente, die den Kindern ein
grundlegendes Verständnis für
Naturwissenschaft und Mathe-
matik vermitteln und ihr Sprach-
vermögen fördern sollen. Das Teamwork
kommt dabei nicht zu kurz: „Wir wissen
schon, was wir machen“, sagt Vicky selbst-
sicher und macht sich mit Artur ans Werk,
um einen meterhohen Quader aus Streben
und Eckelementen zu konstruieren. Davon,
dass Mädchen mathematisch angeblich
unbegabter sein sollen als Buben, weiß
Vicky sichtlich noch nichts. Später werden
die beiden noch vergleichen, wie sich Rosi-
nen und Pfefferkörner in normalem und koh-
lensäurehaltigem Wasser verhalten.
Jeden Montag kommen zudem Päda-
gogInnen von Minimath, dem Institut für
ALLES ESSIG.
Chemie ist überall, aber ganz besonders in der Küche. Artur leert je ein
Päckchen Backpulver in zwei Flaschen. Vicky gießt Essig dazu. Jetzt zischt und schäumt es.
Dank Schutzbrille können Vicky und Artur sich das auch ganz genau ansehen. Durch die
chemische Reaktion zwischen Backpulver und Essig entsteht ein Gas. „Schnell, die Luftbal-
lons!“ Denn mit dem „Kuchenprinzip“ im Backpulver, das dafür sorgt, dass der Kuchen
aufgeht und schön fluffig wird, lassen sich auch prima Luftballons aufblasen!
„Wir wissen schon,
was wir machen.“
NachwuchsforscherInnen
Vicky Pause
und
Artur Gnida
Foto: Lisi Specht