sein, weil die Daten aus 2004 stammen,
also bevor der Emissionshandel in der
EU begann.
Schwierige Fragen
Damit sehen wir uns aber einem lang-
fristig ernsteren Problem gegenüber:
Mit oder ohne EU-Emissionshandel
verursacht der Konsum in Österreich
wesentlich mehr Emissionen als in der
österreichischen Treibhausgas-Bilanz
aufscheinen. Es kann davon ausgegan-
gen werden, dass dies für andere reiche
Staaten genauso gilt. Ob dies eine Fol-
ge der nationalen Klimapolitik ist oder
eine Konsequenz der stattfindenden
Weiterentwicklung des Produktions-
systems, sei dahin gestellt. Ohne eine
weltweit wirksame Einschränkung der
CO
2
-Emissionen sind Bemühungen zur
Eindämmung des Klimawandels zum
Scheitern verurteilt.
Die nötige Verminderung der CO
2
-
Emissionen kann nur erreicht werden,
wenn der Verbrauch fossiler Brennstof-
fe weltweit verringert wird. Drei weite-
re Bereiche, in denen ebenfalls hohe
Mengen an Treibhausgasemissionen
anfallen, die eingedämmt werden müs-
sen, sind die Erzeugung von Rohstahl,
die Herstellung von Zement und die
Rinderzucht. Die Erwartung zu näh-
ren, dass Klimaschutz erfolgreich sein
könnte, ohne in diesen Bereichen den
Verbrauch zu verringern, ist unredlich.
Das macht die Verteilungsfrage der Kli-
mapolitik – die Frage, wie das zulässige
Maß des Ausstoßes von Treibhausga-
sen gerecht aufgeteilt werden kann –
leider um einiges schwieriger.
¨
Die Erwartung zu nähren,
dass Klimaschutz
erfolgreich sein kann, ohne
bei emissionsintensiven
Produkten den Verbrauch zu
verringern, ist unredlich.
www.arbeiterkammer.atWirtschaft & Umwelt 1/2015
Seite 21
Sie treten für einen neuen Zugang
in der Ressourcenpolitik ein. Was
ist Ihr Anliegen?
Fuhr:
Ressourcenpolitik sucht nach
Antworten auf drei zentrale Fragen:
Wem gehören unsere natürlichen
Ressourcen? Wer kontrolliert den Zu-
gang? Wie teilen wir sie gerecht? In
diesem Sinne stellt Ressourcenpolitik
eine analytische Sichtweise dar, aber
auch eine Grundlage für Handlungs-
strategien. Es geht um Konflikte über
Ressourcennutzung als komplexes
Bündel an Interaktionen zwischen
Natur, Menschen, Interessen, Macht-
verhältnissen und Kulturen. Wir
sehen einen Dreiklang aus planeta-
rischen Grenzen, Menschenrechten
und Demokratie, die untrennbar
zusammen gehören, wenn wir nach
Lösungen aus den gegenwärtigen
Krisen suchen.
Was war Inhalt des Dialogprozes-
ses zum Projekt „Gerechtigkeit
gestalten – Ressourcenpolitik für
eine faire Zukunft“?
Fuhr:
„Ressourcengerechtigkeit
in einer endlichen Welt“ war ein
Schlüsselprojekt der Stiftung unter
Beteiligung von 21 unserer 30 Aus-
landsbüros. Dabei ging es uns vor
allem darum, Herausforderungen und
Lösungen in Bezug auf fossile und
mineralische Rohstoffe, Land, Was-
ser, Wald und Biodiversität miteinan-
der und interdisziplinär zu diskutieren.
Hierzu haben im Zeitraum Oktober
2012 bis Mai 2013 zehn Zukunfts-
werkstätten mit jungen Menschen
aus 27 Ländern stattgefunden.
Was war das Ergebnis?
Fuhr:
Im Anschluss an den Res-
sourcengipfel im September 2013
in Berlin wurde unter Beteiligung
der Delegierten der Zukunftswerk-
stätten, einem international zusam-
mengesetzten Fachbeirat und den
Mitarbeitenden der Heinrich-Böll-
Stiftung ein Memorandum ausgear-
beitet: Dieses beschreibt konkrete
Leitplanken für regionale und lokale
Strategien für mehr Ressourcen-
gerechtigkeit: Erstens wollen wir
Menschen dazu befähigen, ihre
Rechte einzufordern. Zweitens geht
es uns um eine Eindämmung von
Machtkonzentration und darum, die
Kontrolle über natürliche Ressour-
cen, Finanzkapital und Technolo-
gien wieder zu erlangen. Drittens
bedarf es aus unserer Sicht einer
Transformation unserer Produk-
tions- und Konsummuster im Sinne
einer globalen sozial-ökologischen
Gerechtigkeit.
Wird es eine Fortsetzung geben?
Wie soll es weiter gehen?
Fuhr:
Das Memorandum ist Grund-
lage unserer ressourcenpolitischen
Arbeit überall auf der Welt. Teil-
weise sind Netzwerke entstanden,
mit denen die Stiftung heute noch
intensiv zusammenarbeitet, so z.B.
in Brasilien. In anderen Ländern war
das Memorandum Ausgangspunkt
für erste strategische Planungen.
Das Memorandum hat viel positive
Resonanz bekommen und Debat-
ten angeregt. Ich war zum Beispiel
selber Ende Februar in Marokko, wo
eine Kommission im Auftrag des Kö-
nigs an einem großen Bericht über
den Reichtum des Landes arbeitet
und sich auf Basis des Memoran-
dums von der Heinrich-Böll-Stiftung
bezüglich Ressourcengerechtigkeit
beraten lassen wollte.
Interview mit Lili Fuhr von der Heinrich-Böll-Stiftung
Ressourcenpolitik neu denken
Ist die Natur ein „knappes Gut“? Welche Strukturen halten die globale
„Ressourcen-Bonanza“ am Laufen? Die Heinrich-Böll-Stiftung hat im Rah-
men eines globalen Dialogprojekts mit jungen Menschen aus 27 Ländern
ressourcenpolitische Strategien für eine gerechte Zukunft erarbeitet.
*Lili Fuhr
ist Diplom-Geographin und Referentin für Internationale Um-
weltpolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung.
www.boell.de/de/node/280263