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Wirtschaft & Umwelt 1/2016
Betrieb
„Essen auf Rädern“ – Alltag für 80 Prozent der Lkw-FahrerInnen
Straße um nichts nach. Glei-
chermaßen sind die Einsatzbe-
dingungen der LokführerInnen
durch zahlreiche Probleme
geprägt. Anders als im Stra-
ßenverkehr gibt es keine Mög-
lichkeit der Kontrolle der Lenk-
und Ruhezeiten, da ein Fahr-
tenschreiber fehlt. Geleistete
Arbeitszeiten gehen mit jedem
Grenzübertritt einfach „verlo-
ren“. Eine rasche und effiziente
Kontrollmöglichkeit, auch im
Interesse der Eisenbahnsicher-
heit, gibt es ebensowenig wie
klare Richtlinien für den tech-
nischen Zustand der Waggons.
Auch Selbstverständlichkeiten
sind auf der Schiene inexistent:
so kann es passieren, dass
TriebfahrzeugführerInnen nach
einer mehrstündigen Schicht
auf einem Verschubgleis im
„Nirgendwo“ ihren Endbahnhof
haben, bei dem es weder Näch-
tigungsmöglichkeiten noch Toi-
letten und Waschmöglichkeiten
gibt. Lokomotiven dürfen immer
noch ohne WC-Zelle in Betrieb
genommen werden.
Dumping mit System
Die angeführtenBeispieleund
die hohe Betroffenheit in der Ver-
kehrsbranche zeigen eines deut-
lich: Hier wird systematisches
Dumping auf dem Rücken der
Beschäftigten betrieben. Klar ist
auch, dass diese Zustände seit
Jahren bekannt sind und den-
noch keine effizienten Schritte
gesetzt werden. Zum Teil erfolgt
dies völlig legal unter Billigung
der EU-Gesetzgebung, allen
voran der EU-Kommission, die
in zahlreichen Rechtsakten be-
rechtigte ArbeitnehmerInnenin-
teressen ignoriert. Beispielhaft
wird etwa auf den kürzlich er-
folgten Beschluss einer Liste von
schweren Verstöße im Straßen-
verkehr (siehe Kasten Seite 25)
verwiesen.
Grenzüberschreitendes So-
zialdumping ist einerseits eine
Bedrohung für den sozialen Zu-
sammenhalt und das reibungs-
lose Funktionieren der Arbeit-
nehmerInnen-Freizügigkeit. Die
Praktiken des Sozialdumpings
stellen andererseits auch für
gesetzestreue Unternehmen
und Betriebe, die soziale Errun-
genschaften nicht als Nachteil
empfinden, ein Problem dar: sie
werden ausgebootet. Nationale
Versicherungs- und Steuersys
teme verlieren Einnahmen und
werden ernsthaft untergraben.
Letztlich geht Sozialdumping
Angesichts der dramatischen Entwick-
lungen im Verkehr, bei denen faire
Arbeitsbedingungen und die Verkehrssi-
cherheit zusehends unter Druck geraten,
haben die europäischen Gewerkschaften
die Europäische Bürgerinitiative „Fair
Transport“ gestartet. Eine Million
Unterschriften müssen dabei zusammen-
kommen, um die EU zu zwingen, endlich
Maßnahmen zu setzen. „Fair
Transport“ steht für ehrliche Bedingun-
gen im Verkehrssektor in ganz Europa.
Nichtakzeptable Geschäftspraktiken, die
zu Lohn- und Sozialdumping führen, sind
zu beenden. Unternehmen, die fair
zahlen, dürfen nicht vom Sozialdumping
anderer in Bedrängnis geraten. Konkret
geht es dabei um
maßgebliche Änderun-
gen im europäischen
Recht. Die europäische
Entsenderichtlinie muss in
der gesamten Union durchgesetzt
werden, damit nationale Lohnstandards
nicht weiter durch niedrigere Standards
in Nachbarländern unter Druck geraten.
Briefkastenfirmen sollen verhindert
und wirksame Regelungen gegen
prekäre Arbeitsverhältnisse sollen
erlassen werden. Die Europäische
Bürgerinitiative kann von jeder Person
unterschrieben werden, die in der EU
wahlberechtigt ist:
http://sign.fairtrans- porteurope.eu/Europäische Bürgerinitiative
„Fair Transport“ im Verkehrssektor
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Fotos: Schuh (1), RUZICZKA (1)