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Wirtschaft & Umwelt 2/2016
der, die sich der Stimme enthielten.
Offensichtlich aus Sorge um mögliche
Verpflichtungen, die demwasserreichen
Alpenland daraus erwachsen könnten.
Diese Enthaltung war kein Ruhmesblatt
für unser Land.
Der UN-Menschenrechtsrat ging kurz
darauf noch weiter: das Recht auf sau-
beres Trinkwasser bedeute eine rechts-
wirksame und bindende Verpflichtung
für die Staaten, entsprechende Maß-
nahmen zu ergreifen, die die Trinkwas-
serversorgung – auch für marginalisier-
te Gruppen – sichern können.
Laut Maude Barlow, der Vorsitzenden
der NGO „Food & Water Watch“, waren
diese beiden Resolutionen Meilenstei-
ne. Zahlreiche Staaten – darunter auch
viele Entwicklungsländer – haben im
Anschluss nationale Gesetze beschlos-
sen und die Umsetzung vorangetrie-
ben. Durchaus profitiert davon haben
mancherorts nationale Minderheiten: so
konnten die Kalahari-Buschleute 2011
vor nationalen Gerichten erfolgreich
gegen die botswanische Regierung
klagen, die die Wasserversorgung der
Buschleute zerstört hatte, um die No-
maden von ihrem Land zu vertreiben.
In der indischen Metropole Mumbai
konnte die Stadtverwaltung verpflichtet
werden, Wasserversorgungssysteme
auch für illegale Slumsiedlungen auszu-
bauen. Aber auch in Europa und den
USA konnten Menschenrechtsorgani-
sationen die neue rechtliche Basis nut-
zen, um etwa gegen private Wasserver-
sorgungsunternehmen vorzugehen, die
überhöhte Wasserpreise in Gemeinden
durchgesetzt und dann zahlungsunfä-
higen Haushalten das Wasser abdreht
hatten. Letzteres verweist auf einen
der Trends, den viele als Hindernis für
globale Wasserrechte sehen: die Priva-
tisierung der kommunalen Wasserver-
sorgung, die – empfohlen und gefördert
durch die Weltbank – jahrelang auf dem
Vormarsch war. Doch viele Gemeinden,
so etwa auch Paris, rudern nun auf-
grund schlechter Erfahrungen mit Kon-
zernen zurück und legen die Wasserver-
sorgung wieder in öffentliche Hände.
Der Ausbau des Zugangs zu sau-
berem Trinkwasser fand seit dem Jahr
2000 auch Eingang in die globale Ent-
wicklungsagenda. Sowohl die UN-Mil-
Schwerpunkt
Trinkwasser
Es ist noch ein weiter Weg zur sicheren Wasserversorgung für alle
Hatten 1990 ca. 76 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zu sauberem
Trinkwasser, waren es 2015 bereits 91 Prozent. Schätzungen zufolge
sind zwischen 663 bis 780 Millionen Menschen auf der Welt nach wie vor
auf weit entfernte oder unsichere Trinkwassersysteme wie etwa nicht-
überdachte Brunnen oder gar Oberflächenwasser angewiesen. Besonders
hoch ist die Zahl der Menschen ohne sichere Trinkwasserversorgung nach
wie vor in Subsahara-Afrika, aber auch in Südasien.
Sauberes Trinkwasser
Weltweite Verfügbarkeit
Anteil der Bevölkerung, die über sichere und saubere Trinkwasserversorgung in Form
von Leitungswasser im Haus oder Hausbrunnen verfügen.
ª
Fotos: Schuh (1), Thomas Reimer (1)
Quelle: UNICEF/WHO, 2015
91-100%
91–100%
76–90%
50–75%
<50%
Keine oder nicht aussagekräftige Daten