Previous Page  30 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 30 / 36 Next Page
Page Background www.ak-umwelt.at

Seite 30

Wirtschaft & Umwelt 2/2016

die ersten Forststraßen für RadfahrerInnen

angeboten, aktuell sind rund 2.100 Kilome-

ter auf vertraglicher Basis für RadlerInnen

geöffnet. Das ist aber nur ein kleiner Teil des

Forststraßennetzes der Bundesforste. Ohne

Vertrag und Abgeltung läuft nichts.

Vertragsmodell hat Grenzen

120.000 Kilometer Forststraßen sollen

vom Österreichischen Forstverein mehr als

optimistisch geschätzte 27.000 Kilometer

vertraglich gesicherte Routen gegenüberste-

hen, wobei diese Routen nicht unbedingt auf

Forststraßen verlaufen müssen. Regional ist

das Angebot unterschiedlich, so bietet das

„Tiroler Mountainbikemodell 2.0“ Routen

im Ausmaß von 5.345 Kilometer und 186

Kilometer Singletrails an. ImSalzburger Pinz-

gau stehen 1.600 Kilometer Mountainbike-

Routen und 28 Trails zur Verfügung. Auf der

Homepage der Steiermark Tourismus wer-

den gerade einmal 16 Routen angeboten.

In vielen Gebieten, insbesondere in we-

niger touristischen Regionen, gibt es über-

haupt kein Angebot. Für die TouristInnen sind

imRahmen des Urlaubs auch wenige Routen

noch attraktiv, während die einheimischen

Erholungssuchenden bei den vorhandenen

unzähligen Forststraßenkilometern nicht

auf einzelne Angebote in ihrer Wohnregion

angewiesen sein wollen.

Verträge sind deshalb nur bedingt geeig-

net, weil der Erfolg an der Bereitschaft der

GrundeigentümerInnen (WegerhalterInnen)

hängt und Organisationsaufwand sowie

Kosten zu berücksichtigen sind.

Schon an der Bereitschaft einzelner

GrundeigentümerInnen kann die vertragliche

Lösung für eine Fahrrad-Route scheitern.

Auch von der Zustimmung der Jagdpächte-

rInnen kann eine Einigung abhängen. Bereits

ausverhandelte Routen stehen wieder in

Frage, wenn einzelne GrundeigentümerIn-

nen ihre Zustimmung zurückziehen.

Die Einrichtung einer Route kostet Geld

und braucht eine BetreiberIn für die laufende

Betreuung. In vielen Regionen fehlen Betrei-

berInnen, weniger finanzkräftige Gemeinden

bzw. Tourismusverbände können schnell

einmal überfordert sein. Aus der Sicht der

Erholungssuchenden ist daher der gesetzli-

chen Öffnung von Forststraßen für Radfah-

rerInnen eindeutig der Vorzug einzuräumen.

Zugang zur Natur sollte

ein Grundrecht sein

Neben der Diskussion über das Radfah-

ren auf Forststraßen darf nicht vernachläs-

sigt werden, dass private Straßen und Wege

nicht dem Gemeingebrauch unterliegen und

von GrundeigentümerInnen jederzeit ge-

sperrt werden können. Sogar bestehende

Wegerechte gehen verloren, wenn Grund-

eigentümerInnen drei Jahre die Ausübung

des Wegerechtes erfolgreich verhindern.

Welcher Erholungssuchende hat sich noch

nicht über die Sperre von Wegen geärgert?

Viele Wege sind in den letzten Jahren nicht

zuletzt wegen der Änderung der landwirt-

schaftlichen Strukturen verloren gegangen.

Traditionelle Fußwege haben ihre Bedeutung

im täglichen Alltag verloren und verschwin-

den.

Ungeachtet des hohen gesellschafts-

politischen Stellenwerts der Erholung und

Regeneration in der freien Natur fehlt in

Österreich ein allgemeines Recht, das die

Wegefreiheit und den Zugang zur freien

Natur gewährleistet. Ein Grundrecht auf Na-

turgenuss und Erholung in der freien Natur

wie in der Bayerischen Landesverfassung

würde die Diskussion der Erholungsnutzung

durch die Allgemeinheit in Österreich auf eine

neue Basis stellen, die Frage der Sozialbin-

dung des Eigentums wäre rechtlich damit

klargestellt.

Vorbild Bayern

In Bayern ist das allgemeine Betretungs-

recht in der freien Natur gewährleistet, das

Radfahren ist auf allen geeigneten Wegen

erlaubt. Bemerkenswert ist in Bayern auch

die verfassungsrechtliche Verpflichtung von

Staat und Gemeinde, der Allgemeinheit die

Zugänge zur Natur freizuhalten und allenfalls

durch Einschränkung des Eigentums freizu-

machen.

Das Bayerische Naturschutzgesetz re-

gelt die Erholung in der freien Natur und

sichert auch die Rechte der Allgemeinheit.

Wer vergleichbare Regelungen in den Natur-

schutzgesetzen der Bundesländer in Öster-

reich sucht, wird nicht fündig werden – das

Recht auf Erholung und Naturgenuss ist kein

Thema.

Fazit: Schaut man nach Bayern, werden

die rechtlichen Defizite bewusst. Über die

Frage der Öffnung der Forststraßen für Rad-

fahrerInnen hinaus ist also die Politik gefor-

dert, dem zunehmenden gesellschaftlichen

Stellenwert der Erholung in der freien Natur

entsprechend klare rechtliche Rahmenbe-

dingungen zu verschaffen. Es geht um einen

maßvollen Zugang zur Natur im Interesse der

Allgemeinheit, nicht um unverhältnismäßige

Beschränkungen des Eigentums.

£

Politik

Unser Standpunkt

Radfahrverbot auf Forststraßen

¢

ist für die AK eine unnötige Beschränkung der

Wegefreiheit

¢

ein Beispiel dafür, dass ein Grundrecht auf Erholung in

der Natur fehlt

¢

ein Beispiel für die in Österreich ausgeprägte

ideologische Grenze Eigentum

Das Verständnis für die Interessen der

Allgemeinheit hält sich bei vielen

GrundeigentümerInnen in Grenzen.

Fotos: ETF (1), fotolia/argus (1)