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Seite 30

Wirtschaft & Umwelt 2/2018

Stundenverdienst in Österreich bei rd. 9 €, in

Bulgarien dagegen bei 2,20 €. In Rumänien

beträgt der Mindestlohn im Straßengüter-

verkehr rd. 250 € im Monat, bei uns sieht der

Kollektivvertrag rd 1.550 € vor. Wochenlange

Abwesenheiten von der Familie sind der

Normalfall ebenso wie wochenlanges Leben

und Campieren im Lkw auf 3m

2

.

Die Deregulierungen hatten auch für die

österreichischen Straßentransporteure ne-

gative Auswirkungen: Betrug ihr Marktanteil

an den Transportleistungen im grenzüber-

schreitenden Verkehr im Jahr 2002 noch

rd 60% sank er kontinuierlich bis 2016 auf

unter 20%. Einzig am Inlandsmarkt können

sich österreichische Frächter bisher noch

behaupten, wobei auch hier der Anteil an

Kabotagedienstleistungen (= ausländisches

Transportunternehmen führt im Anschluss

an einen grenzüberschreitenden Transport

noch Binnenverkehre durch) mit 22% sehr

hoch liegt.

Neue Runde bei Sozialdumping

ante portas?

Aufgrund der Vorschläge von EK und den

jüngsten Verhandlungen in Rat und Europä-

isches Parlament zeichnet sich jetzt schon

ab, dass an der Abwärtsspirale noch einmal

gedreht wird. Vorweg: Lkw-LenkerInnen

werden künftig noch „flexibler“ einsetz-

bar sein, denn sie werden erst nach drei

(=bisher zwei) Wochen ein Recht auf eine

Wochenruhe von 45 Stunden haben und

darüber hinaus wird das bisher verbotene

Verbringen dieser regulären Wochenruhe

in der Fahrerkabine auf 3 m

2

legalisiert.

Geht es nach dem Willen der konservativen

Mehrheit im EP, dann sollen dieRegelungen

über die Bezahlung für grenzüberschrei-

tende Arbeitsaufträge (=Entsenderichtlinie)

zum Schutz vor Sozialdumping bei Fahre-

rInnen im internationalen Güterverkehr nicht

zur Anwendung kommen, bei LenkerInnen

im Fern- und Reisebusverkehr nicht einmal

dann nicht, wenn innerstaatliche Busver-

kehre durch ausländische Busunterneh-

men durchgeführt werden. Im Gegenzug

wird der Zugang zur Kabotage ausgedehnt

und Dumpinglöhne von ausländischen

Lkw-LenkerInnen werden auch bei Binnen-

transporten in Österreich weiteren Druck

auf das heimische Lohnniveau verursachen.

Ob die Kontrollen tatsächlich effektiver ge-

staltet werden, ist äußerst fraglich. Weil

darüber hinaus auch in Osteuropa erste

Anzeichen eines Lkw-Fahrermangels zu

beobachten sind, gibt es eine rasante Zu-

nahme von Drittstaatsangehörigen über

den Weg der „EU-Fahrerbescheinigung“.

Positive Zukunftsperspektiven für Arbeit-

nehmerInnen in Österreich sehen wahrlich

anders aus.

Wettbewerbsfähig um jeden Preis?

Wir sind inzwischen allemit demBild eines

Joghurts vertraut, das bei seiner Herstel-

lung quer durch Europa transportiert wird,

„weil der Lkw nichts kostet.“ Daran werden

auch die sogenannten EU-Pakete für eine

„saubere und nachhaltige Mobilität“ nichts

ändern. Vielmehr ist zu befürchten, dass eine

neue Runde für einen noch „flexibleren und

wettbewerbsfähigen Straßenverkehr“ einge-

läutet wird, weil der Kostenfaktor Mensch

im Lkw noch einmal billiger werden wird.

Diese soziale Abwärtsspirale löst aber im

Umweltbereich unerwünschte Effekte aus,

weil ein unfairer Wettbewerb zulasten der

umweltfreundlichen Verkehrsträger verstärkt

wird. Eine Trendwende ist nur erzielbar, wenn

im Straßentransport existierende Regelun-

gen effizienter durchgesetzt werden und

der Grundsatz „Gleicher Lohn am gleichen

Arbeitsort“ eingehalten wird. Lenk- und Ru-

hezeitvorschriften sind bereits europaweit

ausreichend geregelt sind. Es gilt schlicht,

die vorhandenen Vorschriften zu implemen-

tieren und die Kontroll- und Durchsetzungs-

mechanismen mit Biss zu gestalten, etwa

durch die Schaffung einer Europäischen

Plattform für Arbeitsinspektion. Die Ab-

schaffung von Briefkastenfirmen ist auch im

Fall des Straßentransports ein wichtiges Ziel.

Die bestehenden Kabotageregelungen sind

beizubehalten. Ihre Durchsetzung ist durch

das verbindliche und einheitliche Mitfüh-

ren der Frachtdokumente zu gewährleisten.

Alle ArbeitnehmerInnen, egal woher sie

kommen und für wie lange sie dort arbeiten,

müssen den gleichen Bestimmungen der

Vergütung, der Arbeitsbedingungen oder

des Gesundheitsschutzes und der Arbeits­

sicherheit unterliegen. Ausnahmen –wie beim

Transportgewerbe sollten nicht toleriert und

höhere Strafen gegenüber Arbeitgebern die

ArbeitnehmerInnen um Lohn oder Gesund-

heit bringen, verhängt werden. Ansonsten ist

Europas Verkehrspolitik am falschen Gleis.

£

Politik

Unser Standpunkt

DER NAIVE GLAUBE AN WETTBEWERB

KONTERKARIERT JEDEN NACHHALTIGEN

GÜTERVERKEHR IN DER EU.

Die AK fordert:

¢

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort

muss für alle Beschäftigten gelten.

¢

Effektive Kontrollen zu Lenk- und Ruhezeiten.

¢

Maximal zwei Wochen arbeiten, leben und schlafen

im Lkw sind genug.

¢

Lkw Maut inklusive Folgekosten auf allen Straßen.