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FOTOS: LISI SPECHT (1) / PORSCHE AUSTRIA (1)

VW hatte 2015 zugegeben, bei seinen Autos Abgaswer-

te mit einer Schummelsoftware manipuliert zu haben

und löste damit einen weltweiten Abgas-Skandal aus. In

Österreich sind rd. 360.000 Fahrzeuge betroffen. Während

VW in den USA aufgrund strengerer Gesetze Fahrzeug-

halter entschädigt, lehnt VW Entschädigungszahlungen an

europäische VW-Kunden kategorisch ab. Auch die Vor-

schläge von EU Kommissarin Jourova für eine außerge-

richtliche Kompensation wurden von VW abgelehnt. Das

ist sehr unbefriedigend und zeigt deutlich die Lücken bei

der effizienten Rechtsdurchsetzung bei Massenschäden.

Auch das Softwareupdate ist keine angemessene

Ausgleichsleistung. Eine Umfrage des VKI im Jahr 2017

ergab, dass rund 43 Prozent der Befragten nach der

Umrüstung negative Veränderungen an ihrem Fahrzeug

feststellten. Und erst kürzlich hat ein Landesgericht ua.

festgestellt, dass nach dem Update im Realbetrieb nach

wie vor Grenzwerte um 77% überschritten werden, so-

dass der Käufer einen Anspruch auf Rückabwicklung des

Kaufvertrages hat.

Ein Konzern, der seine Kunden betrügt und ihnen finan-

ziellen Schaden zufügt, muss zur Verantwortung gezo-

gen werden. Ansonsten steht die Glaubwürdigkeit des

Rechtstaates selbst auf dem Prüfstand: Warum soll sich

ein Unternehmen an Gesetze halten, wenn es ohnehin

keine Konsequenzen zu befürchten hat – vorausgesetzt

es ist groß und einflussreich genug? Daher unterstützt

die AK die VW-Sammelklagen des VKI auch finanziell und

begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission

zur Einführung von Sammelklagen. Die österreichische

Regierung ist nun aufgefordert, den Vorschlag in der EU-

Ratspräsidentschaft rasch voranzutreiben.

¨

Kontroverse

Pro

Gabriele Zgubic

Con

Richard Mieling

VW-Skandal: Entschädigungen für KonsumentInnen?

DER ABGASSKANDAL ZEIGT DEUTLICH

DIE DEFIZITE DER RECHTSDURCHSET-

ZUNG IN EUROPA AUF.

DAS SOFTWAREUPDATE FUNKTIONIERT

– ES GIBT KEINE GRUNDLAGE FÜR

ENTSCHÄDIGUNGSZAHLUNGEN.

Bei der Forderung enttäuschter Kunden in Europa werden

oftmals Entschädigungsleistungen angeführt, die Volks-

wagen in den USA seinen Kunden zugestanden hat.

Rechtliche Ansprüche von Kunden richten sich jedoch

nach den anwendbaren nationalen Gesetzen. US Gesetze

sind in den USA anzuwenden und nicht im Rest der Welt

und das ist gut so. Eine andere Behandlung von Kunden

auf Basis von abweichenden anwendbaren Rechtsvor-

schriften ist keine Ungleichbehandlung, sondern Ausfluss

aus der nationalen Souveränität der einzelnen Staaten und

entspricht den Grundprinzipien unserer Gesellschaft. Die

in den USA bestehenden Ansprüche von Kunden gelten

daher in Österreich nicht.

In Europa wurde die Mehrheit der technischen Maß-

nahmen für die beanstandeten Diesel Modelle EA 189

genehmigt und freigegeben. Wir wissen, dass die Durch-

führung der technischen Maßnahmen funktioniert und

keine Verschlechterung hinsichtlich Kraftstoffverbrauch,

CO

2

-Emissionswerten, Motorleistung sowie Geräusch-

emissionen verbunden sind. Unserer Auffassung nach

besteht demnach auch keine Grundlage Entschädigungs-

leistungen einzufordern, da Kunden auch kein Schaden

entstanden ist. Es gibt in Österreich mittlerweile zur Abg-

asthematik eine Vielzahl von Urteilen, die darlegen, dass

es für Kunden zumutbar ist, die Umsetzung der techni-

schen Maßnahmen abzuwarten und sie kein Recht haben,

das betroffene Fahrzeug zurückzugeben. Auch gibt es in

Österreich kein rechtskräftiges Urteil, in dem Ansprüche

betroffener Fahrzeugeigentümer gegen die Volkswagen

AG als bestehend erkannt wurden. Aktuell wurden in

Österreich schon über 340.000 Fahrzeuge umgerüstet,

was einem Umrüstungsgrad von 91% von den erreichten

Kunden entspricht.

¨

*Gabriele Zgubic

ist Leiterin der

Abteilung Konsumentenpolitik in

der Arbeiterkammer Wien

*Richard Mieling

ist Leiter der

Öffentlichkeitsabteilung der Porsche

Holding GmbH in Salzburg.

www.ak-umwelt.at

Seite 32

Wirtschaft & Umwelt 2/2018