

Seite 30
Wirtschaft & Umwelt 3/2016
Phase der Umsetzung Anlass gegeben hat,
Verbesserungen dieser nationalen Vorgaben
zur lärmtechnischen Sanierung der beste-
henden Verkehrsinfrastruktur vorzunehmen.
Dabei wären solche hier dringend nötig.
Wenn Maßnahmen in Österreich ange-
kündigt und umgesetzt werden, so erfolgt
das alles weiterhin freiwillig, ohne gesetzli-
che Bindung; die einzig relevante Maßgabe
sind die budgetären Möglichkeiten. Das gilt
sowohl für das Bundesstraßen-, als auch das
Eisenbahn- und das Luftfahrtgesetz. Nach
griffigen Vorgaben zum Lärmschutz an be-
stehender Infrastruktur sucht man dort ver-
gebens. Wohlgemerkt: Das bedeutet nicht,
dass in Österreich keinerlei Maßnahmen
gesetzt würden. Aber diese werden nicht
aus der Aktionsplanung gemäß END heraus
entwickelt; die ist nur ein Nebenschauplatz.
Ein weiteres Grundproblem besteht
darin, dass die Lärmschutzvorkehrungen
an neugebauten Strecken im Betrieb nicht
verpflichtend überprüft und nachgebessert
werden müssen, wenn dies aufgrund zu-
nehmender Verkehrsbelastung nötig wäre.
Lärmschutzmaßnahmen an Neubaustrecken
werden anhand der – für einen zumeist zehn-
jährigen Prognosezeitraum – zu erwartenden
Verkehrsbelastung ausgewählt und vorge-
schrieben. Das passiert zumeist im Rahmen
einer Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öf-
fentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz.
Wenn dieser Prognosezeitraum abgelau-
fen ist, ist grundsätzlich keine Nachprüfung
erforderlich, ob die Prognose eingetroffen
und noch aktuell ist; es ist auch kein Nach-
bessern erforderlich, wenn es ungeplante
Verkehrszunahmen gegeben hat.
Rechtsfreier Raum
Anders als z.B. in der Schweiz, wo
eine Nachtragsgenehmigung erforderlich
ist, passiert in Österreich alles Weitere im
rechtsfreien Raum, d.h. ohne Öffentlich-
keitsbeteiligung und ohne Rechtsschutz:
Einen Schutzanspruch haben Betroffene
nur einmalig anlässlich der Genehmigung;
danach steht es im alleinigen Belieben der
Behörde, Vorkehrungen zu ergreifen, wenn
Verkehrsmengen und Lärm zunehmen.
Natürlich gelten hier im Allgemeinen
sogenannte „Dienstanweisungen“: Die Be-
deutsamste ist die für Schnellstraßen und
Autobahnen, die zumeist auch von den
Bundesländern sinngemäß für Landesstra-
ßen übernommen werden. Obwohl diese
Regelungen große Außenwirkung auf die
Lärmbetroffenen haben, werden sie in der
Form von „Dienstanweisungen“, d.h. als nur
behördeninterne Weisungen erlassen. Eine
Beteiligung der Öffentlichkeit bei ihrer Erar-
beitung ist nicht vorgesehen. Ihre Einhaltung
können Lärmbetroffene auch nicht überprü-
fen lassen oder gar einfordern. Die Aktions-
planung gemäß END könnte die Funktion
der Überprüfung und Qualitätssicherung für
dieses behördliche Handeln übernehmen.
Dazu ist die END in der derzeitigen Form aber
viel zu unbestimmt ausgestaltet.
Die END muss daher dahingehend über-
arbeitet werden, dass sie den Mitgliedstaa-
ten relevante und überprüfbare Zielvorga-
ben für die lärmtechnische Sanierung der
bestehenden Straßen, Schienenwege und
Flughäfen vorgibt. Dies erfordert wirksame
Mindestanforderungen an den Detaillie-
rungsgrad von Aktionsplänen. Damit die
Mitgliedstaaten relevante Anstrengungen
unternehmen, müssen die obigen Vorgaben
zwingend noch um einen konkreten zeitli-
chen Rahmen ergänzt werden, binnen des-
sen lärmtechnisch zu sanieren ist. Und die
END muss Sanierungsgrenzwerte vorgeben,
die verbindlich einzuhalten sind.
END-Reform ist dringend nötig
Aktionspläne sollen sich verpflichtend
auch der Lärmvorsorge widmen und den
Schutz ruhiger Gebiete stärken. Am besten
sollte die END eine zwingende Zuständig-
keit der regionalen Raumordnungsbehörden
für die Lärmminderungsplanung verankern.
Weiters sollten Summenkarten dort erstellt
werden, wo Umgebungslärm aus mehreren
Quellen einwirkt. Gerade bei Bestandssanie-
rungen macht es Sinn, alle Lärmverursacher
gemeinsam zu betrachten und zu fragen,
welche Maßnahmen am zielführendsten
sind.
Ungeachtet dessen, dass Lärmschutz-
fenster nur eine Ultima Ratio sein können,
soll eine künftige ENDeine Pflicht der Gebäu-
deeigentümer zum Einbau vorsehen. Jeden-
falls müssen die Mitgliedstaaten verpflichtet
werden, angebotene Lärmschutzfenster-
förderungen zu evaluieren, den Einbau im
erfolgten Ausmaß auszuweisen und darüber
zu berichten. Die END muss sicherstellen,
dass verkehrspolizeiliche Maßnahmen bei
der Aktionsplanung verpflichtend mitein-
bezogen werden und dass die zuständigen
Behörden zusammenarbeiten.
£
Politik
Unser Standpunkt
Die END muss überprüfbare Ziele vorgeben
¢
Mindestanforderungen an den Detaillierungsgrad von
Aktionsplänen
¢
Sanierungsgrenzwerte für Straßen, Schienenwege und
Flughäfen
¢
Fristen für die Bestandssanierungen
¢
Stärkung der Lärmvorsorge
Die Aktionsplanung einer reformierten EU-Umge-
bungslärm-Richtlinie könnte Überprüfung und Quali-
tätssicherung behördlichen Handelns übernehmen.
FOTOS: iStock/Meinzahn (1), www.keinpatentaufleben.at (1)