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Wirtschaft & Umwelt 3/2016
Seite 29
Was den Verkehrslärm betrifft, hat sich
an den beobachtbaren Problemen wenig
geändert, egal ob man die Ergebnisse
von Befragungen (insbesondere Mikro-
zensus 2011) oder etwa die Auswertun-
gen der zuletzt vorgelegten Umgebungs-
lärmkarten und Aktionspläne zu Rate
zieht.
Die Auswertung der Statistik Austria für
2011 zeigt, dass die ÖsterreicherInnen
das steigende Verkehrsaufkommen (24,7
Prozent) mittlerweile als Umweltproblem
Nummer Eins noch vor dem Treibhaus-
effekt und der Klimaveränderung (24,2
Prozent) ansehen. Das Ausmaß der
subjektiv wahrgenommenen Lärmstörung
in Österreich ist ähnlich hoch wie bei der
letzten Erhebung aus dem Jahre 2007.
Straßenverkehrslärm rangiert da quan-
titativ weit vor dem Lärm aller anderen
Verkehrsträger.
Die aktuellen Daten aus der Lärmaktions-
planung zeigen, dass z.B. über eine
halbe Million ÖsterreicherInnen mit Stra-
ßenverkehrslärm über den Schwellenwer-
ten 60 dB Lden (Tag-Abend-Nacht-Lär-
mindex) / 50 dB Lnight (Nachtlärmindex)
gemäß EU-Umgebungslärmrichtlinie (RL
2002/49/EG) wohnen müssen. Bis zu
einem Drittel davon leben entlang von
Autobahnen und Schnellstraßen, wobei
die Betroffenen in Ballungsräumen da
noch nicht enthalten sind. Verkehrslärm
ist gemäß einer aktuellen Einschät-
zung der Weltgesundheitsorganisation
WHO nach der Luftverschmutzung das
Umweltproblem mit den zweitstärksten
Auswirkungen auf die Gesundheit der
EuropäerInnen.
Die Umsetzung der END (Environmen-
tal Noise Directive; 2002/49/EG) in
Österreich ist im Wege des Bundes-
Umgebungslärmgesetzes und damit
abgestimmter Landesgesetze erfolgt.
2009 haben die zuständigen Behörden
erstmals Lärmkarten und Aktionspläne
zum hochrangigen Straßen- und Schie-
nennetz und dem Ballungsraum Wien
vorgelegt. 2013 war die Überarbeitung
und Fortschreibung dieser Karten und
Pläne fällig. Zusätzlich mussten Karten
und Pläne auch für weitere Ballungs-
räume – vornehmlich die Landeshaupt-
städte – und die Bundesländerflughäfen
vorgelegt werden.
Verkehrslärm
Umweltthema Nummer Eins?
lärmbelasteten Zone auch Men-
schen wohnen. Das zeigt sich
aber erst, wenn die errechneten
Lärmausbreitungszonen anhand
der Einwohnerdaten analysiert
werden. Eine – letztlich wohnob-
jektgenaue – Betroffenenanalyse
ist erforderlich. Eine solche ist
aber weder den vorgelegten
Lärmkarten, noch den Aktions-
plänen oder Begleitdokumenten
zu entnehmen. Bloße Verweise
auf kartographische Darstellun-
gen oder auf nach Bundeslän-
dern aggregierte Daten, bloß
allgemeine Erörterungen zu den
zur Verfügung stehenden Instru-
menten und Handlungsebenen
sind da nicht ausreichend. Auch
die nachträglich vorgelegten
Gemeindeauswertungen (Anzahl
Lärmbetroffene je Gemeinde)
bilden keine Grundlage, aus der
sich Maßnahmen bzw. nötige
Prioritätensetzungen ableiten
lassen. Das lässt den Zweck der
Aktionspläne leerlaufen.
Mangelhafte END
Dass es an einer effektiven
Umsetzung mangelt, wurzelt
letztlich darin, dass die END
keine relevanten und in letzter
Konsequenz überprüfbaren Ziel-
setzungen vorgibt. Das beginnt
mit der Frage, welchen Anforde-
rungen Grenzwertfestlegungen
durch die Mitgliedstaaten genü-
gen müssen. Hier bleibt die END
ebenso vage wie zur Frage, ob
die Mitgliedstaaten echte Be-
troffenenanalysen machen und
angeben müssen, wieviele Per-
sonen am Ende der fünfjährigen
Aktionsplanungsperiode von
Lärm entlastet sein sollen.
In Österreich gibt es keine ge-
setzlichen Vorkehrungen, dass
an Bestandsstrecken verpflich-
tend zu sanieren ist, wenn be-
stimmte Lärmgrenzwerte über-
schritten sind, wie dies etwa in
der Schweiz vorgesehen ist. Der
Punkt ist, dass die END in keiner
Zum Nachlesen
Das Positionspapier der Bundesarbeitskammer
findet sich unter
www.akeuropa.eu/de/publica-tion-full.html?doc_id=420&vID=75