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Seite 18
Wirtschaft & Umwelt 4/2015
L
ange Zeit ging es in wissenschaftli-
chen und öffentlichen Debatten vor
allem um die Frage, ob es überhaupt
Belege für eine vom Menschen ge-
machte Erderwärmung gibt. Doch in-
zwischen verfestigt sich immer mehr
die Einsicht, dass es nicht mehr um die
drohende Gefahr einer globalen Erder-
wärmung in der Zukunft geht. Der Kli-
mawandel ist in vielen Teilen der Welt
schon heute Realität und er wird wahr-
scheinlich die Szenarien desWeltklima-
rates noch übersteigen. Und es muss
nüchtern konstatiert werden, dass alle
Anstrengungen, den Klimawandel in
seinen Auswirkungen zu begrenzen,
in den letzten Jahren nicht von Erfolg
gekrönt waren – eine Minderung der
Treibhausgasemissionen wurde allein
durch die Finanz- und Wirtschaftskrise
von 2008/2009 bewirkt.
Interessengegensätze
Schon im einleitenden Beitrag wurde
angesprochen, dass der Klimawandel
keine rein technische, sondern eine
sozial-ökologische Herausforderung
ist. Der prominente englische Klima-
forscher Mike Hulme spricht daher in
seinem Buch: „Streitfall Klimawandel“
davon, dass es sich nicht einfach um
ein „Problem“ handelt, das auf eine
„Lösung“ wartet. Der Klimawandel ist
notwendig umstritten – und das nicht
nur zwischen den Staaten, sondern
auch innerhalb von Gesellschaften. Zu
oft und zu oberflächlich werden hier nur
die vermeintlichen Bremserstaaten in
internationalen Verhandlungen an den
Pranger gestellt. Dabei sind in allen
Gesellschaften die Abhängigkeiten von
fossilen Brennstoffen noch erheblich
– und entsprechende Interessengrup-
pen stellen sich überall einer ambitio-
nierteren Klimapolitik entgegen. Auch
der Lebensstil in den Industrieländern
und seine Vorbildfunktion für die sich
herausbildenden Mittelklassen der
Schwellen- und Entwicklungsländer
trägt seinen Teil bei. Daher müssen wir
von einer umfassenden Krise der Bezie-
hungen zwischen Gesellschaften und
ihrer natürlichen Umwelt ausgehen.
Fotos: Pilo Pichler (1), istock/ wcjohnston (1)
*Prof. Dr. Christoph Görg
ist Sozialwissen-
schaftler und lehrt am Institut für Soziale
Ökologie der Alpen Adria Universität in
Wien.
Eine sozial-ökologische
Herausforderung
Kurzgefasst
Wir haben es nicht nur mit einer
Klimakrise, sondern mit einer
tiefgehenden Krise gesell-
schaftlicher Naturverhältnisse
zu tun, die auch Verteilungs-
und Gerechtigkeitsfragen auf-
wirft. Eine solche Krise ist nur
durch eine umfassende sozial-
ökologische Transformation zu
bewältigen, die gesellschaftli-
che Interessenlagen und damit
verbundene Machtverhältnisse
thematisiert und kritisiert.
Der Klimawandel wird oft als naturwissenschaftlich
zu behandelndes oder technisch zu lösendes Problem
dargestellt. Warum ist es dann so schwer, Fortschritte
bei der Verringerung der Emissionen von Treibhaus
gasen zu erzielen?
Von Christoph Görg*
Schwerpunkt
Weltklimapolitik