dass es noch erreicht werden kann, im-
mer geringer wird. Für die Klimakonfe-
renz in Paris haben die Vertragsstaaten
Zusagen vorgelegt, in welchem Ausmaß
sie beabsichtigen, ihre Emissionen an
Treibhausgasen in Zukunft zu verrin-
gern. Diese Zusagen werden als „In-
tended Nationally Determined Contri-
butions“ (INDC) bezeichnet, zu Deutsch
also „beabsichtigte, national festgelegte
Beiträge“. Nach einer Analyse des Se-
kretariats der Klimarahmenkonvention
werden diese unverbindlichen Zusagen,
wenn sie tatsächlich erfüllt werden, bis
2030 eine Verringerung der Emissionen
pro Person um neun Prozent bewirken.
Die kumulierte Menge an Treibhausgas-
Emissionen im Zeitraum 2012 bis 2030
wird nach dieser Analyse bei etwa 750
Milliarden Tonnen CO
2
liegen. Das ist
genau die Menge, die nach der Berech-
nung des WBGU noch emittiert werden
darf, wenn das Zwei-Grad-Ziel noch er-
reichbar bleiben soll.
Unterschiedliche Wirkungen
Doch was bedeutet eigentlich eine
Erwärmung der Erdoberfläche um
durchschnittlich zwei Grad Celsius? Das
klingt nicht nach einer dramatischen Än-
derung. Ob es an einem Tag 17 oder 19
Grad hat, nehmen wir gewöhnlich kaum
wahr. Betrifft ein derartiger Anstieg aber
die globale Mitteltemperatur, kann das
weitreichende Folgen haben.
Einer der Effekte der Klimaerwär-
mung ist die Häufung von extremen
Wetterereignissen: Starkregen und
Überschwemmungen, aber auch Tro-
cken- und Hitzeperioden werden wahr-
scheinlicher. Neben der Gefahr für Leib
und Leben, die sie darstellen können,
führen sie unter anderem zu Schäden
an der Infrastruktur und zu Verlusten bei
der land- und forstwirtschaftlichen Pro-
duktion.
Dabei zeigen die immer genaueren
Modelle, dass die Auswirkungen regio-
nal recht unterschiedlich sein können.
So sind beispielsweise in Österreich
deutlich stärkere Anstiege der Tempe-
ratur zu verzeichnen als im weltweiten
Durchschnitt. Im Vergleich zum Mittel
der Jahre 1961 bis 1990 ist bis zum Jahr
2100 mit insgesamt 3,5 Grad Erwär-
mung zu rechnen.
Noch brisanter ist, wie unterschied-
lich der Klimawandel auf Arm und Reich
wirkt. Das reicht von unterschiedlichen
Zugängen zu sauberem Wasser oder
zu Lebensmitteln nach einem Ernte-
ausfall über verschiedene Betroffenheit
bei Überschwemmungen bis hin zum
Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Diese Unterschiede bestehen zwischen
Staaten, aber innerhalb einzelner Staa-
ten in noch viel höherem Maß zwischen
verschiedenen Bevölkerungsgruppen.
Damit kann der Klimawandel zur Ver-
schärfung der Spannungen zwischen
gesellschaftlichen Gruppen und zwi-
schen Staaten beitragen. Die Beiträge
von Florian Wukovitsch und von Chris-
toph Görg (S. 14 und S. 18) gehen auf
Fragen der Gerechtigkeit und der nöti-
gen gesellschaftlichen Transformationen
genauer ein.
Große Herausforderung
Angesichts der bisherigen Entwick-
lungen und der sinkenden Aussicht,
das Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen,
ist ein gewisses Gefühl der Resignation
nachvollziehbar. Aber gerade die Dia-
gnose, dass Armut der wesentlichste
Risikofaktor für negative Betroffenheit
durch den Klimawandel ist, kann auch
als Ansporn zu einem Kampf gegen die
Armut verstanden werden. Dabei helfen
keine apokalyptischen Warnungen, die
den Untergang der ganzen Menschheit
heraufbeschwören. Die reichsten zehn
Prozent werden es sich auch in einer
viel wärmeren Welt gemütlich einrichten
können. Die große Herausforderung be-
steht also nicht darin, die „Menschheit“
zu retten – was immer man sich darun-
ter vorstellen mag –, sondern einen Bei-
trag dazu zu leisten, dass jeder einzelne
Mensch einwürdiges und erfülltes Leben
führen kann – und dass das auch noch
in zwei, drei Generationen der Fall ist.
¨
Klimakonferenz
Die besten Absichten
Im Vorfeld der Klimakonferenz von
Paris sollten die Vertragsparteien
ihre „Intended Nationally Determined
Contributions“ (INDC) vorlegen, also
die beabsichtigten Emissionsredukti-
onen bis 2030. Die EU veröffentlichte
ihren Plan im März 2015. Darin sagt
sie zu, dass die jährlichen Emissio-
nen gegenüber dem Basisjahr 1990
bis 2030 um mindestens 40 Prozent
gesenkt werden. Dieses Ziel soll
ohne Verwendung internationaler
Gutschriften erreicht werden.
Dieses Klimaziel beruht auf den vor
einem Jahr vom Europäischen Rat
beschlossenen Zielen: Erhöhung
des Anteils erneuerbarer Energieträ-
ger auf mindestens 27 Prozent, 27
Prozent Verbesserung der Energie-
effizienz, 43 Prozent Emssionsre-
duktion in den vom Emissionshandel
erfassten Sektoren und 30 Prozent
Emissionsreduktion in den anderen
(jeweils im Vergleich zu 2005).
Die INDC-Zielsetzung stehe, so die
EU, im Einklang mit der Notwendig-
keit, dass die entwickelten Staaten
gemeinsam ihre Emissionen bis 2050
um 80 bis 95 Prozent reduzieren
müssen. Sie sei auch konsistent
mit der Notwendigkeit, die globalen
Emissionen an Treibhausgasen bis
2050 mindestens zu halbieren.
Die EU setzt sich dafür ein, dass die
INDCs auch regelmäßig überarbeitet
werden, nur eine derartige Überprü-
fung und Anpassung könne sicher-
stellen, dass auch die für das Zwei-
Grad-Ziel notwendigen Reduktionen
wirklich erreicht würden.
Reichtum eröffnet eine Unzahl von
Möglichkeiten, auf die Änderungen des
Klimas zu reagieren, die Armen nicht zur
Verfügung stehen.
www.arbeiterkammer.atWirtschaft & Umwelt 4/2015
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