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chon 1992 setzten sich die 154
Vertragsstaaten der Klimarahmen-
konvention das Ziel, die Treibhausgas-
konzentration in der Atmosphäre auf
einem Niveau zu stabilisieren, das eine
bedrohliche Störung des Klimasys-
tems verhindert. Mittlerweile einigten
sich die nunmehr 194 Vertragsstaaten
darauf, die durchschnittliche globale
Erwärmung auf maximal zwei Grad –
gemessen ab dem Beginn der Indus
trialisierung – zu begrenzen. Gerade die
hochentwickelten Länder müssten in
diesem Sinne bereits in naher Zukunft
ihre Treibhausgasemissionen massiv
reduzieren. Je mehr Spielraum zur Ent-
wicklung materiellen Wohlstands den
armen Schichten im globalen Süden in
den nächsten Jahrzehnten zugestan-
den werden soll, desto ambitionierter
müssten die Ziele in den wohlhabenden
Gesellschaften formuliert werden.
Entgegen aller politischen Weichen-
stellungen ist der globale Ausstoß von
Treibhausgasen allerdings auch zwi-
schen 1990 und 2010 um mehr als ein
Drittel angestiegen. Und auch weiter-
hin ist kein Ende dieser Entwicklung
in Sicht, obwohl die Emissionen zur
Vermeidung von großen Katastrophen
nach aktuellem Erkenntnisstand längst
sinken müssten. Selbst europäische
Klimaschutzerfolge schienen zunächst
primär dem Zusammenbruch der
staatssozialistischen Regime in Osteu-
ropa und der Verlagerung von Produk-
tion in den globalen Süden geschuldet.
Und dass die Emissionen in jenem Teil
der hochentwickelten Welt, der dem
Kyoto-Protokoll von 1997 zugestimmt
hat, zwischen 2008 und 2012 tatsäch-
lich um die vereinbarten Zielvorgaben
gesunken sind, ist wohl zumindest teil-
weise den Verwerfungen der Finanz-
und Wirtschaftskrise zu verdanken.
Verursacher und Betroffene
Weiterhin sind die CO
2
-Emissionen
pro Kopf – als größter Anteil der Treib
hausgasemissionen – in den hochent-
wickelten oder ressourcenreichen klei-
nen Staaten bei weitem am höchsten:
So kommt Katar 2013 auf Werte von
Fotos: Schuh (3)
*Mag. Florian Wukovitsch
ist Refe-
rent für ökologische Ökonomie und
Umweltpolitik der Abteilung Umwelt
& Verkehr der AK Wien.
Klimagerechtigkeit –
ein politisches Problem
www.ak-umwelt.atSeite 14
Wirtschaft & Umwelt 4/2015
Kurzgefasst
Klimagerechtigkeit könnte in
einer zunehmend vom Klima-
wandel geprägten Realität zum
Inbegriff von Gerechtigkeit wer-
den. In einer Welt, in der zumin-
dest ein „Mehr des Gleichen“
nicht mehr möglich scheint,
muss die Frage beantwortet
werden, wie Entwicklungschan-
cen in Form von Emissions-
rechten – aber auch Ressour-
cen – unter den heutigen und
zukünftigen Menschen gerecht
verteilt werden können.
Klimagerechtigkeit ist ein politisches – und in Anfängen
auch akademisches – Schlagwort unterschiedlicher Be-
wegungen mit dem gemeinsamen Ziel, soziale Gerech-
tigkeit, Verantwortung und Menschenrechte in Bezug
auf den Klimawandel zu erörtern.
VON Florian Wukovitsch *
Schwerpunkt
Weltklimapolitik
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