mehr als 40 Tonnen pro Kopf und
Jahr, die USA auf immerhin 16,5 Tonnen,
Deutschland auf 9,4 Tonnen und auch
das wasserkraftreiche Österreich auf
7,35 Tonnen. Viele afrikanische Staaten
haben demgegenüber Pro-Kopf-Werte
von weniger als 0,1 Tonnen. Und wenn
die Werte für China – mit rund sechs
Tonnen pro Kopf und Jahr – rasant an
europäische Werte heranrücken, muss
auch bedacht werden, dass ein großer
Anteil davon bei der Produktion von
Exportgütern anfällt. Würde die Zurech-
nung konsumbasiert erfolgen, wären
die Werte in den hochentwickelten und
wohlhabenden Teilen der Welt noch we-
sentlich höher.
Gleichzeitig werden gerade jene Län-
der, die am wenigsten zum Klimawan-
del beigetragen haben, am meisten von
dessen Folgen in Mitleidenschaft gezo-
gen. Als besonders gefährdet gelten die
Sahelzone und die Küstengebiete Süd-
ostasiens. Obwohl die Zusammenhän-
ge zwischen klimavermittelten Hoch-
wassern oder Dürrekatastrophen und
den Lebensstilen in hochentwickelten
Gesellschaften de facto unumstritten
sind, fehlen weiterhin politische Ant-
worten, wie das Problemund seine Aus-
wirkungen bewältigt werden sollen. Zu
rechtlich verbindlichen Reduktionszie-
len konnte sich die Weltgemeinschaft
bisher ebenso wenig durchringen wie
zur verpflichtenden Unterstützung der
am meisten betroffenen Regionen. Re-
alpolitisch dominiert die Hoffnung auf
Marktlösungen wie den europäischen
Emissionshandel und steigende Res-
sourceneffizienz durch technologischen
Fortschritt. In beiden Fälle besteht je-
doch große Skepsis, dass sich der Kli-
mawandel damit bewältigen lässt.
Verteilung & Gerechtigkeit
Bei der Frage nach einer gerech-
ten Verteilung von Emissionsrechten
müssten zusätzlich auch Spreizungen
innerhalb von Gesellschaften berück-
sichtigt werden, legen Durchschnittsbe-
trachtungen doch oftmals die falschen
Schlüsse nahe. Arme kompensieren
durch ihre Konsummuster nicht nur
das langfristig nicht tragbare Ausmaß
an Pro-Kopf-Emissionen der Wohlha-
benden, sie leben vielfach an den durch
den Klimawandel am stärksten gefähr-
deten Orten und können sich gleichzei-
tig am schlechtesten vor seinen Folgen
schützen. Dass dieser Befund auch in
hochentwickelten Gesellschaften zu-
trifft, führte nicht zuletzt der Hurricane
Katrina vor Augen. Im verwüsteten New
Orleans waren die Wohnlagen der so-
zial benachteiligten Gruppen – oftmals
arme Schwarze – am stärksten von den
Überschwemmungen betroffen. Durch
den Umfang der Zerstörungen und
mangels ausreichender Mittel für den
Wiederaufbau blieb ihnen vielfach auch
mittelfristig die Rückkehr in ihr altes Zu-
hause verwehrt.
Komplex ist die Frage der Klimage-
rechtigkeit, weil in den politischen Ver-
teilungsfragen im Grunde die bereits
in den letzten 150 Jahren in den früh
industrialisierten Staaten verursachten
Emissionen ebenso berücksichtigt wer-
den müssten wie die gegenwärtig nicht
greifbaren Ansprüche zukünftiger Ge-
nerationen. Zwar profitieren zukünftige
Generationen von Infrastrukturen, Pro-
duktionssystemen und Technologien,
die seit der Industrialisierung aufgebaut
und entwickelt wurden, wodurch sin-
kende Emissionsmöglichkeiten im Zeit-
verlauf eventuell zu rechtfertigen sind.
Ungeklärt ist aber die Frage, wie über-
schießende Konsumwünsche lebender
Generationen im Lichte der globalen
und intergenerationalen Gerechtigkeit
Schwerpunkt
Weltklimapolitik
www.ak-umwelt.at„System Change, not Climate Change“ ist der
Ruf einer wachsenden globalen Bewegung –
auch hier in Österreich.
(Finance & Trade Watch)
Klimagerechtigkeit I
Juliane Schumacher: Ungerechtigkeit im Treibhaus.
Klimawandel von links erklärt. Materialien Nr. 11,
Rosa-Luxemburg-Stiftung (Hrsg.), Berlin 2015.
Ressourcen und Entwicklungschancen müssen gerecht verteilt sein
Seite 16
Wirtschaft & Umwelt 4/2015
ª
Fotos: iStock/Andrew Parker (1), Stock/Eduardo Luzzatti Buyé (1)