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Was ist Bioplastik?

Es fehlt derzeit an einer verbindlichen

Vorgabe, was genau unter Bioplastik ver-

standen wird. Die Grafik auf Seite 27 zeigt

die vielen Möglichkeiten hinsichtlich der

Rohstoffart und Abbaubarkeit.

198

Tragetaschen werden

jährlich pro Kopf in

Europa, 51 in Österreich ver-

braucht. Rund 98 Prozent sind

für die einmalige Verwendung

konzipiert, wobei die durch-

schnittliche Verwendungsdauer

bei rund 25 Minuten liegt. Der

Anteil der Kunststofftrageta-

schen ist mit 0,01 Prozent an der

Gesamtabfallmenge nicht sehr

hoch und doch sind die Plastik-

sackerl wegen ihrer negativen

Umweltwirkung – insbesondere

durch das Vermüllen der Mee-

re – in Diskussion. Somit gilt die

Möglichkeit Biokunststoffe ein-

zusetzen als eine Option. Ob sie

sinnvoll und verbraucherfreund-

lich ist, das sind die Fragen, de-

nen hier nachgegangen wird.

Im Rahmen eines Grazer

Marktrundganges wurde wäh-

rend des Sommers 2015 im

Lebensmittel- und Textilein-

zelhandel ebenso wie auf den

Bauernmärkten erhoben, wie

es mit den Bioplastiksackerln

bestellt ist. Im April 2015 wurde

von der Landwirtschaftskam-

mer und der Stadt Graz das

Projekt „Plastikfreie Bauern-

märkte“ gestartet. Dazu wur-

den „abbaubare Biobags aus

Kartoffelstärke“ den Standbe-

treiberInnen anfangs kostenlos

und danach kostenpflichtig

angeboten. Vier Monate nach

Projektstart verwenden gerade

noch drei von 20 befragten

StandbetreiberInnen dieses

Sackerl, weil den Anbietern die

Kosten zu hoch oder die Sackerl

nicht praktikabel bzw. stabil

genug waren. Der klassische,

dünnwandige Knotenbeutel ist

weiterhin das gängige Produkt.

Und im stationären Handel

bieten sechs von 25 befragten

Anbietern auch kompostierbare

oder aus nachwachsenden

Rohstoffen hergestellte Trage-

taschen an. Zusammenfassend

ist daraus abzuleiten, dass die

Bioplastiksackerl eine unterge-

ordnete Rolle spielen, aber als

„umweltfreundliche“ Alternative

verankert sind.

Sind Rohstoffe und Verwer-

tungswege der Bioplastiksa-

ckerl für die Verbraucher klar

erkennbar? Biokunststoffe kön-

nen aus nachwachsenden und/

oder fossilen Rohstoffen beste-

hen und sie können biologisch

abbaubar, nicht biologisch

abbaubar oder kompostierbar

sein. Gängig sind Blends, eine

Mischung aus nachwachsen-

den und fossilen Rohstoffen, mit

und ohne Zusatzstoffe.

Konsumentenverwirrung

Erkennbar sind die wirkli-

chen Eigenschaften entweder

durch die EN Norm 13432,

welche auf die industrielle

Kompostierbarkeit verweist

oder durch freiwillige Labels wie

„Keimling“ für kompostierbare

Kunststoffe, „Biobased“ für

biologische Abbaubarkeit mit

Angabe des nachwachsenden

Rohstoffes oder „VINCOTTE“,

welches Kompostierbar–, Ab-

baubarkeit und Rohstoffanteil

kennzeichnet.

Was passiert mit dem Sa-

ckerl nach Gebrauch? Ein Sa-

ckerl nach der Norm EN 13432

zersetzt sich in der industriellen

Kompostierung zu 90 Prozent

innerhalb von zwölf Wochen,

*Mag. Susanne Bauer

ist

Volkswirtin und Leiterin der

Abteilung Marktforschung der

AK Steiermark.

Fotos: Stadt Graz/Fischer (1), AK Steiermark (1)

Ist Bioplastik das

„bessere“ Plastik?

Eine persönliche Herausforderung an der Supermarktkasse ist die

Frage nach der Tragetasche, dem Sackerl: das mitgebrachte oder

das herkömmliche, das recyclierte, das aus Papier oder doch das

neue aus Bioplastik? In diesem Beitrag wird ein Blick auf die Dis-

kussion rund um die „Bio“-Alternativen geworfen.

Von SUSANNE BAUER*

Leben

Kurzgefasst

Bioplastiksackerl werden

gerne als „umwelt-

freundlichere“ Alternative

angeboten. Damit sich

VerbraucherInnen sicher

sein können, bedarf es

noch einer klaren Defini-

tion, was unter Bioplastik

konkret zu verstehen ist,

umfassender Nachhal-

tigkeitsbetrachtungen,

die von der Produktion

bis zur Entsorgung

reichen - und eindeutiger

und unverwechselbarer

Kennzeichnungen.

www.ak-umwelt.at

Seite 26

Wirtschaft & Umwelt 4/2015