Background Image
Previous Page  29 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 29 / 36 Next Page
Page Background www.arbeiterkammer.at

Wirtschaft & Umwelt 4/2015

Seite 29

AutofahrerInnen wussten es ohnehin

schon immer: Die Verbrauchswerte im

Prospekt sind unerreichbar. Die AK hat

daher das Umweltbundesamt die Fakten

erheben lassen. Erstmalig wurden für die

Studie „Pkw zwischen Normverbrauch

und realen Emissionen“ repräsentative

Verbrauchsdatenbanken aus ganz Europa

für jeden Neuwagen herangezogen. Der

Fahrstil von Fahrern mag unterschiedlich

sein. Wenn aber 800 bis 1.600 Datensät-

ze für ein Model herangezogen werden,

ergibt sich ein realer Mittelwert. Fazit der

Studie: von den 30 zulassungsstärksten

Neuwagen in Österreich verbrauchen alle

im Durchschnitt knapp ein Drittel mehr

als auf dem Papier. Zwischen 2000 und

2013 ist aber die Kluft ständig größer

geworden. Waren es im Jahr 2000 noch

sieben Prozent, so sind es 2013 schon

27 Prozent. Ob Benzin- oder Diesel-Pkw

macht dabei keinen großen Unterschied.

Was sind die Gründe für die Diskrepanz?

Der offizielle Prüfzyklus NEFZ selbst

weist zahlreiche „Flexibilitäten“ auf, die

von Autoherstellern völlig legal in dem

Maße stärker ausgenützt werden, wie

die CO

2

-Vorgaben strenger werden. So

lässt etwa das Aufladen der Batterie bis

kurz vor dem Prüftstand den Verbrauch

sinken, aber eben nicht im realen Leben.

Zum anderen bleiben Komfortausstattun-

gen (z.B. Klimaanlage) unberücksichtigt.

Schließlich begünstigt das derzeitige Ver-

fahren alternative Antriebstechnologien

(z.B. Elektromotor in Hybridfahrzeugen

oder die Start-Stopp-Automatik) enorm.

Im Großen summieren sich diese Dinge

ordentlich. Laut Umweltbundesamt

hätten sich die Autohalter im Jahr 2013

an der Tankstelle rund 950 Millionen Euro

erspart, wenn die Herstellerangaben

tatsächlich gehalten hätten. Aber auch

bei der österreichischen Klimabilanz

schlägt dies zu Buche. Für die Kyoto-

Periode 2008-2012 ergibt sich eine

Differenz zwischen Inventar laut tat-

sächlichem Kraftstoffverbrauch und den

theoretischen Emissionen auf Basis von

Pkw-Herstellerangaben in der Höhe von

6,3 Millionen Tonnen CO

2

. Der Wert der

hierfür von Österreich angekauften Emis-

sionszertifikate („Kyoto-Strafzahlungen“)

beläuft sich auf rund 39 Millionen Euro.

Tatsächlicher CO

2

-Ausstoß: Die Pkw-Modelle mit den höchsten

Abweichungen vom offiziellen Normverbrauch in Prozent

Skoda OCTAVIA 5E 1,6TDI KOMBI

VW GOLF VII 1,6TDI

Hyundai IX 20 1,4

Audi A3 8V 1,6TDI SPORTBACK

VW GOLF VII 1,6TDI

Hyundai IX 35 2,0CRDI

Dacia SANDERO 0,9

VW TOURAN 1,6TD

Nissan QASHQAI 1,6DCI

BMW X3 XDRIVE20D F25

VW SHARAN 7N 2,0TD

Hyundai I 20 1,25

Hyundai I 30 GD 1,4

Mazda 2 1,3I 55KW

VW GOLF VII 1,2TSI

77

66

66

77

77

100

66

77

96

135

103

63

73

55

63

BEZEICHNUNG

ABWEICHUNG ZU NEFZ *

kW

* Neuer Europäischer Fahrzyklus

Auswahl aus den zulassungsstärksten Modellen in Österreich 2013.

48,07%

47,97%

47,29%

43,72%

42,48%

39,18%

37,30%

34,22%

34,08%

32,54%

31,46%

28,80%

27,94%

27,87%

25,27%

Benzin Diesel

Neuwagen in Österreich

Am Prüfstand für KonsumentInnen

gedeckt. Deswegen versucht

die EU-Kommission mit dem

Vorhaben „Real Driving Emissi-

ons“ (RDE) den Autoherstellern

Höchstgrenzwerte („not to ex-

ceed-values“) vorzuschreiben,

die künftig durch das „On Board

Diagnosis-System“ in jedem

Pkw kontrolliert werden sollen.

Erst im Oktober 2015 wurden

auch „wirkliche“ Grenzwerte

beschlossen. Bei diesem „Euro

6c-Diesel-Pkw“ klafft zwar auch

noch eine Lücke, im Vergleich

zum jetzigen Euro-6-Diesel-Pkw

(Faktor 7) wird sie jedoch kleiner.

Vorbild sind auch hier die USA,

wo Hersteller auch Auflagen im

realen Fahrbetrieb beachten

müssen. Wie nötig dies auch für

Österreich ist, zeigt die jüngste

StudiedesUmweltbundesamtes

(UBA) im Auftrag der AK-Wien,

„Pkw-Emissionen zwischen

Norm- und Realverbrauch“, auf.

Demnach haben in den letzten

15 Jahren die EU-Abgasnormen

für NO

x

-Emissionen bei Diesel-

Pkw (Euro 3, 4, 5 und 6) zu

keinen nennenswerten Abnah-

men geführt. Den Schaden in

Österreich – nur aus der Diffe-

renz zwischen tatsächlichen und

„nominellen“ NO

x

-Emissionen

für externe Kosten – beziffert

das Umweltbundesamt mit 438

Millionen Euro für das Jahr 2010.

Vorgeschichte

Die Diskussion über „wirkli-

che“ Fortschritte bei Treibstoff

sparenden Pkw in der EU hat

eine lange Vorgeschichte. Hin-

tergrund: Alle Autohersteller in

der EU müssen sicherstellen,

dass ihre neu verkauften Pkw

im Flottendurchschnitt ab dem

Jahr 2015 nicht mehr als 120

g CO

2

/km ausstoßen. Das ent-

spricht bei Benzinern einem

Verbrauch von 5,2 l/100 km und

bei Diesel-Pkw 4,5 l/100 km.

Ab 2021 wird diese Vorgabe

auf 95 g CO

2

/km gesenkt (Ver-

Pkw-Herstellerangaben

Pkw-Emissionen zwischen Norm- und

Realverbrauch. Studie im Auftrag der AK.

Umweltbundesamt, Wien 2015. http://media.

arbeiterkammer.at/PDF/Informationen_zur_Um-

weltpolitik_189.pdf

Quelle: AK-Studie: Pkw-Emissionen zwischen Norm- und Realverbrauch, 2015