Wirtschaft & Umwelt 4/2015
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AutofahrerInnen wussten es ohnehin
schon immer: Die Verbrauchswerte im
Prospekt sind unerreichbar. Die AK hat
daher das Umweltbundesamt die Fakten
erheben lassen. Erstmalig wurden für die
Studie „Pkw zwischen Normverbrauch
und realen Emissionen“ repräsentative
Verbrauchsdatenbanken aus ganz Europa
für jeden Neuwagen herangezogen. Der
Fahrstil von Fahrern mag unterschiedlich
sein. Wenn aber 800 bis 1.600 Datensät-
ze für ein Model herangezogen werden,
ergibt sich ein realer Mittelwert. Fazit der
Studie: von den 30 zulassungsstärksten
Neuwagen in Österreich verbrauchen alle
im Durchschnitt knapp ein Drittel mehr
als auf dem Papier. Zwischen 2000 und
2013 ist aber die Kluft ständig größer
geworden. Waren es im Jahr 2000 noch
sieben Prozent, so sind es 2013 schon
27 Prozent. Ob Benzin- oder Diesel-Pkw
macht dabei keinen großen Unterschied.
Was sind die Gründe für die Diskrepanz?
Der offizielle Prüfzyklus NEFZ selbst
weist zahlreiche „Flexibilitäten“ auf, die
von Autoherstellern völlig legal in dem
Maße stärker ausgenützt werden, wie
die CO
2
-Vorgaben strenger werden. So
lässt etwa das Aufladen der Batterie bis
kurz vor dem Prüftstand den Verbrauch
sinken, aber eben nicht im realen Leben.
Zum anderen bleiben Komfortausstattun-
gen (z.B. Klimaanlage) unberücksichtigt.
Schließlich begünstigt das derzeitige Ver-
fahren alternative Antriebstechnologien
(z.B. Elektromotor in Hybridfahrzeugen
oder die Start-Stopp-Automatik) enorm.
Im Großen summieren sich diese Dinge
ordentlich. Laut Umweltbundesamt
hätten sich die Autohalter im Jahr 2013
an der Tankstelle rund 950 Millionen Euro
erspart, wenn die Herstellerangaben
tatsächlich gehalten hätten. Aber auch
bei der österreichischen Klimabilanz
schlägt dies zu Buche. Für die Kyoto-
Periode 2008-2012 ergibt sich eine
Differenz zwischen Inventar laut tat-
sächlichem Kraftstoffverbrauch und den
theoretischen Emissionen auf Basis von
Pkw-Herstellerangaben in der Höhe von
6,3 Millionen Tonnen CO
2
. Der Wert der
hierfür von Österreich angekauften Emis-
sionszertifikate („Kyoto-Strafzahlungen“)
beläuft sich auf rund 39 Millionen Euro.
Tatsächlicher CO
2
-Ausstoß: Die Pkw-Modelle mit den höchsten
Abweichungen vom offiziellen Normverbrauch in Prozent
Skoda OCTAVIA 5E 1,6TDI KOMBI
VW GOLF VII 1,6TDI
Hyundai IX 20 1,4
Audi A3 8V 1,6TDI SPORTBACK
VW GOLF VII 1,6TDI
Hyundai IX 35 2,0CRDI
Dacia SANDERO 0,9
VW TOURAN 1,6TD
Nissan QASHQAI 1,6DCI
BMW X3 XDRIVE20D F25
VW SHARAN 7N 2,0TD
Hyundai I 20 1,25
Hyundai I 30 GD 1,4
Mazda 2 1,3I 55KW
VW GOLF VII 1,2TSI
77
66
66
77
77
100
66
77
96
135
103
63
73
55
63
BEZEICHNUNG
ABWEICHUNG ZU NEFZ *
kW
* Neuer Europäischer Fahrzyklus
Auswahl aus den zulassungsstärksten Modellen in Österreich 2013.
48,07%
47,97%
47,29%
43,72%
42,48%
39,18%
37,30%
34,22%
34,08%
32,54%
31,46%
28,80%
27,94%
27,87%
25,27%
Benzin Diesel
Neuwagen in Österreich
Am Prüfstand für KonsumentInnen
gedeckt. Deswegen versucht
die EU-Kommission mit dem
Vorhaben „Real Driving Emissi-
ons“ (RDE) den Autoherstellern
Höchstgrenzwerte („not to ex-
ceed-values“) vorzuschreiben,
die künftig durch das „On Board
Diagnosis-System“ in jedem
Pkw kontrolliert werden sollen.
Erst im Oktober 2015 wurden
auch „wirkliche“ Grenzwerte
beschlossen. Bei diesem „Euro
6c-Diesel-Pkw“ klafft zwar auch
noch eine Lücke, im Vergleich
zum jetzigen Euro-6-Diesel-Pkw
(Faktor 7) wird sie jedoch kleiner.
Vorbild sind auch hier die USA,
wo Hersteller auch Auflagen im
realen Fahrbetrieb beachten
müssen. Wie nötig dies auch für
Österreich ist, zeigt die jüngste
StudiedesUmweltbundesamtes
(UBA) im Auftrag der AK-Wien,
„Pkw-Emissionen zwischen
Norm- und Realverbrauch“, auf.
Demnach haben in den letzten
15 Jahren die EU-Abgasnormen
für NO
x
-Emissionen bei Diesel-
Pkw (Euro 3, 4, 5 und 6) zu
keinen nennenswerten Abnah-
men geführt. Den Schaden in
Österreich – nur aus der Diffe-
renz zwischen tatsächlichen und
„nominellen“ NO
x
-Emissionen
für externe Kosten – beziffert
das Umweltbundesamt mit 438
Millionen Euro für das Jahr 2010.
Vorgeschichte
Die Diskussion über „wirkli-
che“ Fortschritte bei Treibstoff
sparenden Pkw in der EU hat
eine lange Vorgeschichte. Hin-
tergrund: Alle Autohersteller in
der EU müssen sicherstellen,
dass ihre neu verkauften Pkw
im Flottendurchschnitt ab dem
Jahr 2015 nicht mehr als 120
g CO
2
/km ausstoßen. Das ent-
spricht bei Benzinern einem
Verbrauch von 5,2 l/100 km und
bei Diesel-Pkw 4,5 l/100 km.
Ab 2021 wird diese Vorgabe
auf 95 g CO
2
/km gesenkt (Ver-
Pkw-Herstellerangaben
Pkw-Emissionen zwischen Norm- und
Realverbrauch. Studie im Auftrag der AK.
Umweltbundesamt, Wien 2015. http://media.
arbeiterkammer.at/PDF/Informationen_zur_Um-weltpolitik_189.pdf
Quelle: AK-Studie: Pkw-Emissionen zwischen Norm- und Realverbrauch, 2015