

Seite 20
Wirtschaft & Umwelt 4/2016
Gruppe von Rohstoffen, den Me-
tallen. Seit diese das gesellschaftliche
Repertoire an genutzten Rohstoffen
erweitern, werden sie recycliert. Zu
Beginn erfolgte der Umgang mit dem
kostbaren Material, das von der Mine
bis zum Rohmetall bereits viel der
knappen Energie und Arbeit erforder-
te, äußerst sorgsam. Produkte wurden
so lange wie möglich repariert, zu neu-
en Produkten refabriziert oder es wur-
de zumindest der enthaltene Rohstoff
weiterverwendet. Während es sich in
den ersten Jahrhunderten lediglich um
eine Handvoll verwendeter Metalle ge-
handelt hat, lässt die Palette moderner
Produkte mittlerweile kaum ein Metall
bzw. Metalloxid des Periodensystems
aus. Zudem werden die Metalle nicht
mehr getrennt eingesetzt, denn durch
unzählige High-Tech-Innovationen bei
Produktionsverfahren kommen nicht
nur Legierungen, sondern auch un-
terschiedlichste Metallkombinationen
auf kleinstem Raum zum Einsatz. Die
Schlagworte sind hier z.B. Mikro oder
Nano. Besucher von nahezu staubfrei-
en Produktionshallen können diese oft
nur durch Schleusen betreten und müs-
sen spezielle Überkleidung anlegen, um
die Produktionsqualität sensibler Ferti-
gungstechnologien nicht zu gefährden.
Im Kontrast dazu stehen die Techno-
logien zum Recycling, die sich in ihrer
prinzipiellen Wirkweise seit Jahrzehn-
ten kaum verändert haben: Magnetab-
scheidung, Schreddern, Schwemmen,
Verblasen, Rütteln und Sieben. Dem zu-
nehmenden Elektronikschrott lässt sich
so nicht zu Leibe rücken. Noch viel mehr
Metall befindet sich allerdings nicht in
unseren gegenwärtigen Abfällen, son-
dern in unseren gebauten Infrastruktu-
ren und langlebigen Produkten. Diese
„Bestände“ machen in industrialisierten
Ländern 350 Tonnen pro Kopf aus, und
davon sind etwa zwölf Tonnen Metalle.
Global haben sich diese Bestände seit
1990 verdoppelt und die Wachstums-
kurve deutet steil nach oben. Selbst im
hypothetischen Fall eines stofflichen
Recyclings unserer Abfälle zu 100%
könnten wir bei andauerndem Wachs-
tum lediglich etwa ein Drittel der Roh-
stoffe durch Kreislaufführung ersetzen.
Schwerpunkt
Kreislauf-
wirtschaft
Moderne Produktionsverfahren erschweren die Wiederverwertung
In den westlichen Industrieländern sinkt in den letzten Jahrzehnten der
Ressourcenverbrauch, obwohl der Lebensstandard steigt. Seit den 1970er
Jahren ist eine Entkoppelung der physischen von der monetären Öko-
nomie zu erkennen. Besonders ausgeprägt ist dies in Japan, das eine
Politik der „3 R“ verfolgt: Reduce – Reuse – Recycle. Japan verbraucht
heute nicht mehr Ressourcen als 1970 (wohl aber mehr Energie!), hat trotz
asiatischer Währungskrise der 1990er Jahre und Finanzkrise 2008 den
Lebensstandard seiner Bevölkerung bei niedriger Arbeitslosigkeit auf-
rechterhalten. Diesem sehr ressourcenarmen Land war die Notwendigkeit
eines sparsamen Umgangs mit Ressourcen früh bewusst.
Ressourcenverbrauch
Entkoppelung zum Teil gelungen
Ressourcenverbrauch westlicher Industrieländer in Tonnen und Einkommen pro Kopf
ª
FOTOS: Schuh (1), iStock/Kaycco (1)
Quelle: Fischer-Kowalski & Schaffartzik 2015
-
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
-
2
4
6
8
10
12
14
16
18
1950
1960
1970
1980
1990
2000
2010
inländischer
Materialverbrauch
inländische
Materialentnahme
genutzte fossile
Energieträger
Bruttonational-
produkt
Dollar in Kaufkraftäqivalenten pro Kopf und Jahr
Tonnen pro Kopf und Jahr