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Systeminnovationen
Vielleicht weist das neben der Ther-
modynamik auf die zweite große Her-
ausforderung der so eingängigen Vor-
stellung einer Kreislaufwirtschaft hin:
Sie lässt sich mit einer End-of-Pipe-
Strategie nicht umsetzen, sondern
würde zum einen statt quantitativem
Wachstum eine Stabilisierung der Ma-
terialflüsse meist auf kleinräumiger
Skalenebene, und zum anderen ein
verbindliches Einhalten von weltweiten
Designkriterien der Kreislaufführung
für sämtliche Artefakte, vom Mixer bis
zur Fabrikhalle, erfordern. Im Grun-
de setzt das einen kompletten Umbau
unseres Wirtschaftssystems voraus,
in dem das Primat der technologieori-
entierten Produktion durch ein Primat
der arbeitsintensiveren Instandhaltung
abgelöst wird. Statt Produkt- sind da-
mit Systeminnovationen gefordert.
Erst so eine Kreislaufwirtschaft könnte
den Ressourcenverbrauch auf ein um-
weltverträgliches Maß reduzieren und
würde nicht bloß Wachstumswünsche
bedienen. Ob unter solchen Bedin-
gungen die Kreislaufführung für eine
wachstumsgläubige Politik und Wirt-
schaft verlockend ist, bleibt offen. Für
die Entlastung der Umwelt ist jedenfalls
eine solide Politik sowohl für reduzier-
ten Ressourcenverbrauch als auch für
Investitionen in schlanke wartungsarme
Infrastrukturen weitaus lohnender.
¨
Was die Beförderer
einer modernen
Kreislaufwirtschaft
nicht gerne hören:
Ressourcenkreisläufe
unterliegen den Gesetzen
der Thermodynamik. Anders
gesagt: aus einem Baum
lässt sich ein Tisch machen,
aber umgekehrt?
www.arbeiterkammer.atWirtschaft & Umwelt 4/2016
Seite 21
Was wünschen sich soziale Unter-
nehmen vom Circular-Economy-
Package (CEP) der EU?
Eisenriegler:
Der systemische Wan-
del von der linearen zur zirkulären
Wirtschaftsweise erfordert eine
Reihe von Änderungen. Im Zentrum
steht die Umkehr des Trends zu
Wegwerfgeräten und somit langlebi-
ge, reparaturfreundlich konstruierte
und re-use-taugliche Produkte.
Der Beschluss der schwedischen
Regierung, die Mehrwertsteuer für
personalintensive Reparaturdienst-
leistungen zu senken und neue
Elektrogeräte zu besteuern, ist
ein erster, überraschend schneller
Schritt in die richtige Richtung. Dem
sollten andere EU-Mitgliedstaaten
wie Österreich folgen.
Wie sollte das CEP die Langlebig-
keit und Reparaturfreundlichkeit
von Produkten unterstützen?
Was kann die EcoDesignRL brin-
gen?
Eisenriegler:
Derzeit werden im
Auftrag der EU-Kommission Materi-
aleffizienz-Standards für Elektroge-
räte ausgearbeitet. Ich fühle mich
in diesem Normungsgremium als
Leiter der österreichischen Delega-
tion wohl, wir haben ja schon vor
Jahren eine österreichische Norm
entwickelt, die das vorwegnimmt,
worüber jetzt die anderen Teil-
nehmer nachzudenken beginnen.
Essenziell sind nicht nur Ressour-
ceneffizienzkriterien in der Ökode-
sign-Richtlinie, die ja bis jetzt eine
reine Energieeffizienz-Richtlinie dar-
stellt, sondern auch Produktkenn-
zeichnungen, die seriöse Auskunft
über die Nutzungsdauer und die
Reparierbarkeit geben. Am bes-
ten wäre wohl eine verpflichtende
Garantieerklärung, die auch „Null“
sein kann. Bessere Produkte, deren
Hersteller sich trauen, fünf Jahre
auf das erweiterte Energieeffizienz-
Label hinzuschreiben, haben dann
einen Marktvorteil – die „Nullerln“
einen Grund, bessere Produkte
anzubieten.
Woran erkennt man, ob eine
Waschmaschine auf Langlebigkeit
ausgelegt ist?
Eisenriegler:
Nachdem es das
erweiterte Energieeffizienz-Label
noch nicht gibt, kann man sich nur
über die Frage der Ersatzteilverfüg-
barkeit annähern: Miele 15 Jahre,
Bosch und Siemens zehn Jahre,
usw. Bei der Recherche für mein
Buch KONSUMTROTTEL habe ich
nicht schlecht gestaunt, als ein
Hersteller zweier Marken berichtete,
er hielte sich an die Vorgaben des
E-Handels. Aus der Liste, die er mir
dann schickte, geht hervor, dass
man für 100 Euro eine ein Jahr
funktionierende Waschmaschine
erhält, aber: Egal was sie kostet, sie
darf niemals länger halten als acht
Jahre!
Was ist das aktuelle Angebot
des R.U.S.Z in Sachen Waschma-
schinen?
Eisenriegler:
Wir bieten nicht nur
beste Second-Life-Geräte an,
die noch gute zehn Jahre halten,
sondern auch die Siegerin unseres
Waschmaschinen-Tests als Neu-
gerät. Wer es gerne bequem und
sicher hat und nicht alles in Besitz
nehmen muss, ist mit unserem Miet-
modell bestens bedient. Auskenner
sagen Produkt-Dienstleistung dazu.
Interview mit Sepp Eisenriegler vom R.U.S.Z
Längere Produktlebensdauer
Seit 20 Jahren leitet
Sepp Eisenriegler
das Reparatur- und Servicezentrum
R.U.S.Z in Wien, das Soziales mit Ökologischem verbindet. Re-Use – längere
Lebensdauer von Produkten und als Einstiegshilfe für Langzeitarbeitslose.
*Sepp Eisenriegler MAS, MBA
ist Geschäftsführer des Reparatur-
und Service-Zentrums R.U.S.Z, Expertenbeirat des ReparaturNetzWerks
Wien, Stv. Vorsitzender des Dachverbandes für Sozialwirtschaft
RepaNet Österreich und Altpräsident des EU-Dachverbandes für Sozi-
alwirtschaft RREUSE, Brüssel.
www.rusz.at, www.reparaturnetzwerk.at,
www.repanet.at,
www.rreuse.org