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Seite 18
Wirtschaft & Umwelt 4/2016
K
reislaufwirtschaft ist seit Jahrtau-
senden weltweit die Strategie von
Agrargesellschaften. Sie roden Wälder,
pflanzen an ihrer Stelle für sie nützliche
Pflanzen (Nahrungsmittel für Mensch
und Nutztier, Fasern für Bekleidung,
und Genussmittel wie Tabak oder
Wein), ernten diese für ihren Gebrauch
und achten darauf, die Reststoffe ge-
zielt zur Erhaltung der Bodenfrucht-
barkeit auszubringen. Die Energie der
Sonneneinstrahlung sorgt dann dafür,
dass die sich zersetzenden Reste wie-
der als strategische Materialien dem
nächsten Zyklus zur Verfügung stehen.
Diese Strategie verlangt gute Kenntnis-
se, undman kann dabei Fehler machen.
Sie beruht auf einem positiven, aber
kleinen Netto-Energieertrag: Menschen
können mit ihrer Arbeit etwas mehr
Nahrung (und damit Energie) erwirt-
schaften, als sie selber brauchen. Dafür
wenden sie allerdings sehr viel Arbeits-
zeit auf; und weil es so viel zu tun gibt,
kriegen sie viele Kinder, die die Arbeits-
last mit übernehmen. Das erzeugt Be-
völkerungswachstum, und verschärft
auf Dauer das Problem: Bevölkerung
und Arbeitslast steigen, und der Wohl-
stand pro Kopf sinkt allmählich. Solche
Verhältnisse haben wir heute noch im-
mer in weiten Teilen Afrikas, Asiens und
Lateinamerikas.
Grenzen des Wachstums
Mit der Entdeckung und Nutzung
von Fossilenergie (Kohle, Torf, Erdöl,
Erdgas) werden diese beschränkten
Verhältnisse durchbrochen. Plötzlich
ist der Netto-Energieertrag viel höher:
die Arbeit von ein paar Dutzend Arbei-
tern in einer Kohlemine (die natürlich
durch die Landwirtschaft ernährt wer-
den müssen), kann das Heizen und
Kochen einer ganzen Stadt von der
Bodenbewirtschaftung unabhängig
machen. Technische Entwicklungen
wie die Dampfmaschine, der Ottomo-
tor oder die Elektrizität heben diese
Möglichkeiten auf ein neues Niveau.
Mit diesem Durchbruch kommt es zur
„industriellen Revolution“. Gegenwär-
tig kann etwa ein Viertel der Weltbe-
FOTOS: Schuh (1), Uni Klagenfurt (1), AAU/KK (1)
*Univ.-Prof. Dr. Marina Fischer-Kowalski
ist Soziologin, Gründerin und langjährige
Leiterin des Instituts für Soziale Ökologie,
Professorin für Soziale Ökologie an der Uni-
versität Klagenfurt, Dozentin für Soziologie
an der Universität Wien.
*Dipl.-Ing. Dr. Willi Haas
ist Techniker,
Sozial- und Humanökologe und wissen-
schaftlicher Mitarbeiter am Institut für
Soziale Ökologie der Alpen-Adria-Universi-
tät Klagenfurt
Ressourcen: Läuft die
Wirtschaft im Kreis?
Kurzgefasst
Der Begriff „Kreislaufwirtschaft“
suggeriert, dass 100% der Res-
sourcen nach Gebrauch wieder
in den Kreislauf integriert wer-
den können. Dagegen spricht
das physikalische Gesetz der
Thermodynamik. Wirkliche
Kreislaufführung verlangt den
kompletten Umbau unseres
Wirtschaftssystems und ist die
Voraussetzung, den Ressour-
cenverbrauch auf ein umwelt-
verträgliches Maß reduzieren zu
können.
Ressourcen, Energie und Treibhausgase sowie deren
Politiken sind unauflöslich verknüpft. Wie weit kann
man Ressourcenverbrauch und Wirtschaftswachstum
entkoppeln? Ist „Kreislaufwirtschaft“ eine geeignete
Antwort?
Von Marina Fischer-Kowalski und Willi Haas*
Schwerpunkt
Kreislauf-
wirtschaft