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AK FÜR SIE 04/2017
Noch Fragen?
wien.arbeiterkammer.atGlabuen Digitaler Wandel
Digitaler Wandel: Was stärker geregelt gehört,
prüfen Bahn-Betriebsräte in einem neuen Pro-
jekt, das in vielen Firmen Schule machen könnte.
F
ahrdienstleiterin Manuela Pehab-
Raab ist erst 34 Jahre alt. Auf „ih-
ren“ ersten kleinen Bahnhöfen in
Salzburg Land stellte sie die Wei-
chen noch mit dem Seilzug von
Hand um. Heute sitzt sie vor 10
Monitoren und regelt täg-
lich die sichere Ein- und
Ausfahrt von 250 Perso-
nen- und Güterzügen im
Salzburger Hauptbahnhof
Westkopf. Oben sieht sie,
wo die Züge gerade sind
und wie sie im Fahrplan
liegen. Unten sieht sie das elektronische
Stellwerk, mit dem die Fahrtstraßen via
Mausklick gestellt werden.
Dass immer mehr Daten bei ihr zusam-
menlaufen, findet sie gut: „Das bringt mehr
Sicherheit und Übersicht vor allem bei Stör-
fällen.“ Sollte das System abstürzen, nutzt
sie Papier-Aufzeichnungen und ein Zug-
funksystem. Das wird dann schnell Stress
pur: Was per PC leicht zu bewältigen ist,
kostet mit „Handarbeit“ viel mehr Zeit. Es ist
aber wichtig, im Notfall auch ohne Compu-
ter auszukommen.
„Digitaler
Wandel
heißt oft auch: viel Tech-
nik, möglichst wenig Per-
sonal. Das kann es nicht
sein“, sagt ÖBB-Be-
triebsrat Josef Brenner*.
Er hat im Auftrag des
ÖBB-Konzernbetriebsrats mit weiteren 19
Bahnbetriebsräten ein bisher einzigartiges
Projekt gestartet: Unterstützt vom For-
schungsinstitut Forba und der AK Wien,
untersuchen sie noch bis Dezember 2017,
wie sich die Arbeitswelt in der Bahn verän-
dert, und wie die Be-
schäftigen dabei am
besten vertreten werden
können. „Wir sind nicht
gegen den digitalen
Wandel. Aber wir müs-
sen ihn sehr aktiv mitge-
stalten“, sagt Brenner.
Von der Wartung der
Züge bis hin zur Über-
wachung des Zugver-
kehrs: Für fast jeden der
39.000 ÖBB-Beschäf-
tigten hat sich im Zuge
des digitalen Wandels
auch der Job verändert.
Es kommt vor, dass ganze Aufgaben-
bereiche, etwa die Buchhaltung, zum gro-
ßen Teil vom Computer übernommen wer-
den. Dann geht es darum, dass gute
Arbeitsplätze nicht einfach wegrationali-
siert werden. „Weiterbildung, genau ange-
passt an die neuen Anforderungen im Be-
trieb, ist hier eine Lösung“, sagt
ÖBB-Betriebsrätin Olivia Janisch**, die mit
Brenner zusammen das ÖBB-Projekt or-
ganisiert.
Mitbestimmen
Der Soziologe Jörg Flecker von der Uni
Wien sieht imÖBB-Projekt ein Beispiel, das
es bald in vielen größeren Betrieben geben
wird: Die BetriebsrätInnen kennen die Ab-
läufe in den Betrieben. Sie müssen etwa
den Datenschutz in den Firmen durchset-
zen. Sie und ihre Gewerkschaften verhan-
Manuela Pehab-Raab hat täglich 250 Züge
im Blick, dann im Außendienst. Angefangen
hat sie noch mit Weichenstellen per Hand
Neue Software im Büro: Was KollegInnen
über einander abrufen können und was
nicht, steht auf dem Prüfstand
„Wir sind nicht gegen
den digitalen Wandel.
Aber wir müssen ihn
sehr aktiv mitgestalten.“
Josef Brenner,
ÖBB-Betriebsrat
Fotos: Thomas Lehmann
Wer kontrolliert
die Datenflut?
**Olivia Janisch ist stellvertretende Zentralbetriebsratsvorsitzende in der
ÖBB-Infrastruktur AG
*Josef Brenner ist stellvertretnder Zentralbetriebsratsvorsitzender der
ÖBB-Business Competence Center GmbH