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Noch Fragen?

wien.arbeiterkammer.at

AK FÜR SIE 04/2018

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Das hilft gegen

Lohndumping

Nur 54 Prozent der Vergaben in

Österreich

erfolgen nach dem Bestbieter-

prinzip, so eine Wifo-Studie. „Das heißt, bei

46 Prozent zählt ausschließlich der Preis“,

erklärt Thomas Moldaschl vom Wirtschaftsre-

ferat der Gewerkschaft vida.

Die Folge: Lohndumping auf Kosten

der ArbeiterInnen und Angestellten.

Speziell in den Branchen Sicherheit,

Reinigung und Personenverkehr sind die

Kosten für den Personalaufwand hoch.

„Daher braucht es bessere Kriterien bei der

Vergabe. Der Preiswettbewerb darf nicht

auf dem Rücken der Beschäftigten laufen“,

so der Experte.

Das Problem sind Subunternehmer-

ketten:

Es ist gängige Praxis, dass im

Baubereich Aufträge an andere Unterneh-

men weitervergeben werden und diese

dann den Auftrag oder Teile davon wieder

weitervergeben. Irgendwann landet der

Auftrag bei einer unseriösen Firma, die die

ArbeiterInnen und die öffentlichen Abgaben

nicht mehr zahlt und in Konkurs geht.

Daher muss zumindest bei öffentlichen

Auftragsvergaben die Unternehmenskette

auf zwei Ebenen beschränkt werden.

Brett schupfen will, bohrt sich dabei ein

Nagel in seine Hand und reißt das Fleisch

auf. Auf der Baustelle war nicht mehr als

ein kleiner Erste-Hilfe-Koffer zu finden. Zu-

sammen mit einem portugiesischen Kolle-

gen, der im Gegensatz zum Verletzten ein

paar Brocken Deutsch spricht,

beginnt die Odyssee: Wie fin-

det man in einem fremden

Land das richtige Kranken-

haus? Fünf Stunden hat es

gedauert, bis Velazquez Ro-

mero endlich ärztlich versorgt

war. Dass die Kosten dafür die

Versicherung übernimmt, war für den Pati-

enten in diesem Moment noch klar – er

war ja seines Wissens ordnungsgemäß

bei der slowakischen Firma angemeldet.

Irrtum! Vor kurzem flatterte ihm die Forde-

rung eines Inkassobüros ins Haus: 650

Euro sollen von ihm beglichen werden.

Tückisches Spiel mit Subfirmen

„Hier handelt es sich um keine echte, son-

dern eine Scheinentsendung. Die Firma

in Bratislava wurde offensichtlich nur zum

Schein gegründet, niemand hat je dort vor

Sagen Sie, was Ihnen wichtig ist!

Lohn- und Sozialdumping: Sollen

Firmen, die sich bei Löhnen und

Arbeitsbedingungen nicht an die

bei uns geltenden Regeln halten,

stärker kontrolliert und bestraft

werden? Mitmachen auf

www.wie-soll-arbeit.at

Ort gearbeitet“, weiß Andrea Ebner-Pfeifer,

Juristin der AK. Sie vertritt den Geschä-

digten, derzeit läuft ein Exekutionsverfah-

ren gegen die Entsendefirma. „Das ist das

alte Spiel mit Subfirmen, bei dem die Ver-

sicherten auf der Strecke bleiben“, erklärt

Werner Pletzenauer, Sozialver-

sicherungsexperte der AK. Er

hat einen Antrag auf Feststel-

lung der inländischen Versiche-

rungspflicht bei der Gebiets-

krankenkasse

eingebracht.

„Dieser Antrag müsste positiv

für Velazquez Romero enden,

da keine echte Entsendung vorliegt“, so

Pletzenauer.

Zumindest die Behandlungskosten

könnten dem Spanier daher erstattet wer-

den. Ob er auch den ausständigen Lohn

erhält, ist noch offen. „Ich mache das öf-

fentlich – nicht nur für mich, sondern auch

für meine Kollegen, die mit mir auf der

Baustelle gearbeitet haben. Wir brauchen

bessere Arbeitsbedingungen und einheitli-

che Arbeitsregeln europaweit“, fordert

Ismael Velazquez Romero.

MARKUS MITTERMÜLLER

„Das ist das

alte Spiel mit

Subfirmen.“

Werner Pletzenauer,

AK Sozialversicherungs-

experte