AK Für Sie - Mai 2014 - page 28

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AK FÜR SIE 05/2014
Frische Luft im
Klassenzimmer
Nicht Stoff in Kinderköpfe stopfen, sondern die
Kinder selbst lernen lassen: Neue LehrerInnen-
Initiativen zeigen, wie Unterricht besser geht.
A
lle Türen sind offen, Jugendliche
blättern in Lernunterlagen,
selbst am Gang sitzen Schü-
lerInnen zusammen und arbeiten
im Team. Alltag in der Integrati-
ven Lernwerkstatt Brigittenau, wo die Klas-
sen Fachräume heißen und jeder Schultag
einem bestimmten Thema gewidmet ist.
„Es ist nicht dieses
schlechte Gefühl da, wenn
ich in der Früh aufstehe
und in die Schule gehe“,
sagt Schülerin Caroline
Kuba. Das schlechte Ge-
fühl kennt Caroline aus der
Volksschule, in der sie früher war. Jetzt
fühlt sich die 15-Jährige wohl: „Meine
Kreativität wird mir nicht genommen.“
´
Vor 16 Jahren beschloss Schulleiter
Josef Reichmayr, den „Unterricht so zu ver-
ändern, dass er auch etwas bringt“. Seine
Schule ist rein rechtlich eine ganztägige
Volksschule der Stadt Wien. Aber hier ler-
nen SchülerInnen von der ersten bis zur
achten Schulstufe. Sie sind in nur drei Al-
tersgruppen aufgeteilt. Innerhalb dieser
Gruppen lernen die Kleineren von den
Größeren, und sie alle lernen, indem sie
den Stoff selbstständig bearbeiten.
„Wir können uns in die
Themen hineinknien, die
uns interessieren“, erklärt
Caroline. Neben den Unter-
richtsfächern gibt es Vertie-
fungsgebiete – bis zum
Cheerleading-Team,
das
Caroline selbst ins Leben gerufen und
auch gleich geleitet hat.
Im eigenen Tempo
Dass die österreichischen Schulen besser
sein könnten, darin
sind sich viele SchülerInnen und Eltern einig:
Mittelmäßige Ergebnisse bei Bildungsver-
gleichen, über 100 Millionen Euro für Nach-
hilfe jährlich und viele abgebrochene Schul-
karrieren sprechen für sich. Und der Blick in
die Zukunft fällt in erster Linie auf die Gefahr
von Einsparungen im Bildungsbereich.
Trotzdem: Wie in der Brigittenauer
Schule versuchen viele engagierte Päd-
agogInnen, den Unterricht besser zu ge-
stalten. Aus einer solchen Initiative ist
das mittlerweile österreichweite Netz-
werk „Cool – cooperatives offenes Ler-
nen“ entstanden. Beim Cool-Unterricht
sollen die SchülerInnen selbstständig
werden und die LehrerInnen ihnen als
Coaches zur Seite stehen. Arbeitsaufträ-
ge werden vergeben, die SchülerInnen ar-
beiten in ihrem eigenen Tempo daran. Cool-
Lernen setzt auf Zusammenarbeit, bei den
SchülerInnen wie bei den LehrerInnen.
LehrerIn als Coach
Martina Piok vom Wiener Büro der Cool-
Initiative: „Meine Rolle in Cool ist ganz eine
andere als beim Frontalunterricht. Ich bin
als Coach und Begleitung da. Es verän-
dert sich das Klima, wir arbeiten gemein-
Fotos: Thomas Lehmann
Wissen
Lernen, wo es gerade passt
– und wenn es am Gang ist: In
der Integrativen Lernwerkstatt
Brigittenau sind die Klassen-
räume immer offen
Ideen für die Schule
Sie ärgern sich über ein starres Schulsystem,
schlechte Ausrüstung
und zu große Klassen für den Unterricht für Ihr Kind? Hier muss etwas
geändert werden, sagen die AK BildungsexpertInnen. Gleichzeitig zeigen
sie, wie sich auch auch im bestehenden Rahmen kleine Projekte
umsetzen lassen, die den Schulalltag für alle Beteiligten lebenswerter machen. Das ist
der Gedanke hinter der DVD „Ideen machen Schule“, die von der AK herausgegeben wurde.
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Auf der DVD „Ideen machen Schule“
finden sich 50 kurze Videos, die je ein Projekt
vorstellen, das bereits jetzt praktiziert wird. Da wird zum Beispiel bei den Schulkonferenzen
mittels Kärtchen angedeutet, dass ein Thema lange genug beredet wurde; die Mitarbeit der
SchülerInnen nachverfolgt, indem jede/r eine Karte erhält, die er nach einer Wortmeldung
wieder abgibt; oder mit „Pausenläufen“ Bewegung in die Pause gebracht.
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Verteilt werden die DVDs
an interessierte SchulleiterInnen – eine nächste Auflage mit 50
weiteren Ideen ist auch schon angedacht. Auch Sie können die DVD haben. Bestellungen unter
veranstaltungenbp akwien.at
„Ich bin als Coach da.
SchülerInnen und
LehrerInnen arbeiten
gemeinsam.“
Martina Piok,
Cool-Initiative
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