AK Für Sie - Mai 2014 - page 20

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AK FÜR SIE 05/2014
ein Elternteil Teilzeit arbeitet – und das ist
meist die Mutter. Der Vollzeitbeschäftigte –
und das ist meist der Vater – muss das ge-
ringere Familieneinkommen dann oft mit
Überstunden ausgleichen.
Väter in Karenz
Michaela Mayer hat sich ganz bewusst da-
zu entschlossen, nach der Geburt ihrer
Tochter nicht mehr wie früher Vollzeit zu
arbeiten, sondern nach nur einem Jahr Ba-
bypause in Elternteilzeit zurückzukehren.
Sie arbeitet 25 Stunden wöchentlich als
Junior-Produktmanagerin in einem Audio-
technik-Unternehmen. Trotz der geringeren
Stundenanzahl hat sie nicht das Gefühl, in
der Arbeit den Anschluss zu verlieren: „In
meiner Abteilung arbeiten
viele Teilzeit, und mein
Vorgesetzter ist sehr be-
müht, MitarbeiterInnen ih-
ren Qualifikationen ent-
sprechend einzusetzen.
Da bin ich froh, denn es
besteht ja die Gefahr, in Teilzeit die gering-
wertigeren Aufgaben übertragen zu be-
kommen.“ In Unternehmen, in
denen das der Fall ist, kann län-
gere Teilzeitarbeit einen Karrie-
reknick bedeuten.
Während Michaela Mayer ar-
beitet, übernimmt ihr Partner
Christoph Mayrhofer die Betreu-
ung der eineinhalbjährigen Jo-
hanna. Er ist Medizinstudent und
hat in diesem Semester nur we-
nige Pflichtseminare. Wer wann
für Johanna da sein kann, wird
minutiös vorausgeplant, und
auch Michaelas Mutter spielt in
diesem Plan eine nicht unwichti-
ge Rolle: „Sie springt ein, wenn
Christoph doch auf die Uni
muss, während ich arbeite. Ohne sie würde
es nicht gehen,“ sagt Michaela. Damit, dass
er im Moment mehr Zeit mit Johanna ver-
bringt, bevor sie im September in den Kin-
dergarten kommt, hat Christoph kein Prob-
lem: „Auch wenn es sich nicht so ergeben
hätte, hätte ich gerne un-
terbrochen.“ Die Frage, ob
sie da mit ihrem Partner
Glück gehabt habe, findet
Michaela Mayer ein biss-
chen komisch: „Warum
muss man das denn so se-
hen? Umgekehrt überlegt sich das nie je-
mand – also dass man dem Mann sagt: ,Du
hast Glück mit deiner Frau, weil sie daheim
bleibt und du weiter arbeiten gehen kannst.‘“
Es gibt, erzählen die beiden, in ihrem Be-
kanntenkreis viele junge Väter, die auch in
Elternkarenz gehen.
Zu wenig Ganztagsbetreuung
Tatsächlich ist der Anteil der Väter stetig ge-
stiegen. 16 Prozent haben das beim letzten
Kind gemacht. Aber im Vergleich zum Anteil
der Mütter in Karenz sind das noch immer
wenige – und dieses Ungleichgewicht setzt
sich auch fort, wenn es darum geht, wer
später auf das Kind aufpasst. Fehlende Be-
treuungsangebote schränken dann vor al-
lem Frauen in ihren Möglichkeiten ein. In
größeren Städten ab 100.000 Einwohne-
rInnen gibt es zwar prinzipiell bessere Infra-
struktur. So haben 20 Prozent der berufstä-
Anna Höller (li.) schafft es selten, ihre Partnerin
Daniela zu begleiten, wenn diese ihren Sohn
Stefan von der Schule abholt
Michaela Mayer
arbeitet als Junior-
Produktmanagerin.
Wenn sie heim
kommt, warten ihr
Partner Christoph
Mayrhofer und ihre
Tochter Johanna
schon auf sie
„Warum hab’ ich Glück,
wenn der Mann daheim
bleibt? Umgekehrt
überlegt das niemand.“
Michaela Mayer,
Angestellte
Fotos: Thomas Lehmann
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