Wirtschaft & Umwelt 1/2015
Seite 15
ÖkoloGische Ökonomie
Die Perspektive der Ökonomie
B
ereits 2011 wurde per EU-Verordnung
die Ergänzung der Volkswirtschaftli-
chen Gesamtrechnungen (VGR) um eine
vereinheitlichte Umweltberichterstattung
als Ziel für alle Mitgliedstaaten festge-
legt. Zwar werden die Verflechtungen mit
dem Ausland darin bisher unzureichend
berücksichtigt (siehe auch Beitrag Sei-
te 10-13). Tatsächlich spielt aber in der
von Wachstumsambitionen geprägten
wirtschaftspolitischen Alltagsdiskussion
selbst die einzelstaatliche Betrachtung der
Zusammenhänge zwischen Ökologie und
Produktion weiterhin eine vergleichsweise
untergeordnete Rolle.
Auch in der wirtschaftswissenschaftlichen
Forschung findet die Umwelt im Regelfall
nur in ihrer Eigenschaft als handelbarer
und bepreister Produktionsfaktor – in
Form von Ressourcen oder Emissionszer-
tifikaten – Eingang in Untersuchungen.
Allerdings gibt es auch Bemühungen, die
biophysikalischen Grundlagen der
Produktion systematischer in die ökono-
mische Theoriebildung zu integrieren.
Als disziplinäre Grenzen überschreitendes
Forschungsfeld zur Analyse der Zusam-
menhänge zwischen Wirtschaft und Um-
welt etablierte sich in den 1980er Jahren
die ökologische Ökonomie. Ausgangs-
punkt der vergleichsweise heterogenen
Analyseperspektiven sind die naturwis-
senschaftlichen Befunde zu den Grenzen
der Ressourcenverfügbarkeit sowie der
Belastbarkeit der Atmosphäre und ande-
rer Umweltkompartimente. Trotz der ver-
breiteten Hoffnung auf eine zunehmende
Entkopplung der wirtschaftlichen Wert-
schöpfung von stofflichen Kreisläufen
besteht angesichts der biophysikalischen
Grenzen die berechtigte Skepsis, dass
das Wohlstandsniveau der westlichen
Gesellschaften global verallgemeinerbar
ist. Im Sinne der Armutsbekämpfung und
der Entwicklung des globalen Südens
rücken daher neben dem Kernziel der
Ökonomie – effizienter Ressourcenein-
satz – notwendigerweise auch Fragen der
globalen Ressourcenverteilung und der
Sicherung einer möglichst hohen Lebens-
qualität in einer langfristig tragfähigen
Wirtschaft in den Fokus. Diese Aspekte
verdeutlichen, dass die Regulation der
Weltwirtschaft vollkommen neu gedacht
werden müsste. Führt man sich dabei die
aktuellen Probleme innerhalb Europas
vor Augen, einen politischen Umgang
mit der zunehmenden ökonomischen
Ungleichheit zu finden, sind die Heraus-
forderungen einer globalen Umsteuerung
offenkundig.
Die ökologische Ökonomie etablierte sich in den 1980er
Jahren als interdisziplinäres Forschungsfeld zur Analyse
der Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Umwelt.
In der Welt der Ökonomie sind ökologische Spuren kaum zu finden
*Mag. Florian Wukovitsch
ist Referent für ökologische
Ökonomie und Umweltpoli-
tik der Abteilung Umwelt &
Verkehr der AK Wien.