Verbesserung bewirken können. Selbst
Maßnahmen auf Länder- und Bundes-
ebene (z.B., Emissionsgrenzwerte für
Heizungsanlagen) können nur relativ
wenig verbessern, wenn sie nicht inter-
national koordiniert sind. Effektive und
auch ökonomisch effiziente Verbesse-
rungen bedingen internationale Zusam-
menarbeit, insbesondere auf EU-Ebe-
ne. Die EU-Kommission hat einen ent-
sprechenden Vorschlag vorgelegt, der
derzeit im EU-Parlament und mit den
Mitgliedstaaten verhandelt wird.
Auch im Inland muss sich die Ziel-
richtung für weitere Maßnahmen än-
dern. Nachdem die traditionell großen
Emissionsquellen (Kraftwerke, Industrie
und Verkehr) bereits effiziente Maßnah-
men getroffen haben, verbleibt großes
Potenzial bei Sektoren, denen die hei-
mische Luftreinhaltepolitik bisher we-
niger Aufmerksamkeit gewidmet hat:
Kleinfeuerungsanlagen für feste Brenn-
stoffe (Holz), sowie die Lagerung und
Ausbringung von Gülle bei der Massen-
tierhaltung. In beiden Bereichen sind
kosteneffiziente Maßnahmen relativ ein-
fach machbar (z.B. Umstellung auf Pel-
letsfeuerung, Abdeckung von Güllela-
gern, bodennahe Ausbringung von Gül-
le) und werden in anderen EU-Staaten
und der Schweiz bereits im großen Stil
angewandt. Solche Maßnahmen treffen
jedoch nicht immer auf das Wohlwollen
der Vertreter heimischer Interessens-
gruppen.
¨
Lokale oder nationale
Alleingänge sind
ineffiziente Instrumente
der Luftreinhaltepolitik;
Handlungsbedarf besteht
bei Kleinfeuerungsanlagen
und der Massentierhaltung.
www.arbeiterkammer.atWirtschaft & Umwelt 1/2016
Seite 21
Was sind die wichtigsten Ergeb-
nisse Ihrer Analysen?
Zwickl:
Meine Co-Autoren und ich
finden, dass arme Haushalte und
ethnische Minderheiten überpropor-
tional industriellen Luftschadstoffen
ausgesetzt sind. Dies gilt nicht nur für
die gesamten USA im Durchschnitt,
sondern auch innerhalb einzelner
Regionen und Städte. Im Gegensatz
zur Belastung mobiler Emissionen,
die sehr stark mit Bevölkerungsdichte
zusammenhängen, sind industrielle
Emissionen oft in so genannten „hot
spots“ konzentriert, wo es überpro-
portional viele sozial benachteiligte
Haushalte gibt. Wir analysieren die
Kategorien Einkommen und Minder-
heitenstatus, weil es in den USA Ge-
setze gibt, die Umweltungerechtigkeit
nach diesen beiden Kriterien unter-
sagen und deshalb die Regierung
zur Beseitigung dieser Ungleichheit
verpflichten (sollte).
Wie kommt es zu dieser Ungleich-
verteilung zwischen Armen und
Wohlhabenden, zwischen Weißen
und Minderheiten?
Zwickl:
Zwei Mechanismen sind in
der Literatur inzwischen gut belegt.
Auf der einen Seite können sich
reichere Haushalte von industriel-
len Luftschadstoffen abschirmen,
indem sie in Gegenden mit besserer
Umweltqualität ziehen. In diesem
Fall führt also Einkommensun-
gleichheit zu räumlicher Segrega-
tion. Auf der anderen Seite haben
reiche Haushalte besseren Zugang
zu Information und verfügen über
politischen Einfluss, wodurch sie z.B.
die Ansiedelung neuer industrieller
Betriebe verhindern oder sich bei
den entsprechenden Behörden für
höhere Auflagen einsetzen können.
Deshalb siedeln Unternehmen oft
gezielt ihre toxischen Produktionss-
tandorte in Gegenden an, wo sie sich
am wenigsten politischen Widerstand
erwarten.
Wie sieht die entsprechende Situ-
ation in Österreich aus?
Zwickl:
Leider gibt es für Österreich
mangels vergleichbarer Daten noch
kaum Forschung zu Umweltge-
rechtigkeit. Allerdings ändert sich
die Datenverfügbarkeit langsam
und macht es zunehmend möglich,
ähnliche Forschungsfragen, wie sie
bereits seit 30 Jahren in den USA
untersucht werden, zu analysie-
ren. Eine große Chance stellt das
seit 2007 verfügbare Europäische
Schadstoff-Freisetzungs- und
Verbringungsregister (E-PRTR) dar,
im Rahmen dessen Industrieunter-
nehmen mit Emissionen über einem
bestimmten Schwellenwert dazu
verpflichtet sind, jährlich ihre Emissi-
onen zu veröffentlichen.
Wo sehen Sie weiteren For-
schungsbedarf zur Ungleichver-
teilung von Umweltbelastungen?
Zwickl:
Einkommen und Minderhei-
tenstatus haben sich als zwei wich-
tige Faktoren in den USA herausge-
stellt, das bedeutet aber nicht, dass
es die einzigen relevanten Kriterien
für Österreich sein müssen. Das gilt
es zu erforschen. Außerdem gibt es
neben industrieller Luftverschmut-
zung zahlreiche andere Umweltgefah-
ren, die möglicherweise sehr ungleich
verteilt sind. Aufgrund der stärkeren
Bevölkerungsdichte wären für Öster-
reich und Europa zum Beispiel Lärm
oder mobile Emissionen interessant.
Interview mit Klara Zwickl von WU Wien
Luftemissionen der Industrie
Dass Luftverschmutzung negative Folgen auf die Gesundheit hat, ist an-
erkannt. Wie aber wirken sich etwa industrielle Luftschadstoffe auf unter-
schiedliche soziale Gruppen aus. Mit den Auswirkungen in den USA hat sich
Klara Zwickl
beschäftigt. Welche Schlüsse können gezogen werden?
*Klara Zwickl, PhD,
ist Forscherin am Institute for Ecological Eco-
nomics, Department of Socioeconomics, und am Forschungsinstitut
Economics of Inequality an der Wirtschaftsuniversität Wien