E
in Gespenst geht um in Europa.
Nicht nur die Austeritätspolitik wird
immer stärker kritisiert, weil sie auf dem
Rücken der Beschäftigten und ärmerer
Länder ausgetragen wird. Es wird auch
deutlich, dass eine lediglich auf Um-
verteilung von Einkommen, Vermögen
und Macht setzende Politik zwar wich-
tig ist, aber zu kurz greift. Was in den
Fachdebatten unter dem Begriff der
„sozial-ökologischen Transformation“
diskutiert wird, artikuliert sich öffentlich
zunehmend als Forderung nach einem
guten Leben für alle. Wie? Allerorten
Krise, um die zu bekämpfen, müssen
andere Dinge wie der Kampf gegen den
Klimawandel oder mehr Gerechtigkeit
zurückstehen. Nein! Angemessene Kri-
senstrategien sollen die Möglichkeiten
eines guten Lebens für alle und ange-
messene Antworten auf die ökologi-
sche Krise berücksichtigen.
Der viel zu hohe Verbrauch natürli-
cher Ressourcen zerstört die Umwelt
und heizt den Klimawandel an. Betrof-
fen davon sind vor allem die schwäche-
ren Gesellschaftsmitglieder und Regio-
nen. Es geht also umden weitgehenden
Einsatz erneuerbarer Energie. Doch ein
verändertes Energiesystem sollte mit-
denken, was eigentlich mit der Energie
produziert wird. Industriell gefertigte
Lebensmittel, eventuell sogar mit ho-
hem Aufwand aus anderen Weltregio-
nen importiert – oder nachhaltig produ-
zierte und tendenziell gesündere?
Anders arbeiten und leben
Auch aus anderen Gründen wird im-
mer deutlicher, dass die Produktions-
und Lebensweise verändert werden
muss. Arbeit wird zunehmend zeitlich
verdichtet und führt zu Burn-outs, im-
mer mehr Menschen halten ihre Arbeit
für wenig sinnvoll. Standorte und damit
die dort ansässigen Beschäftigten wer-
den gegeneinander ausgespielt. Mächti-
ge Marketing-Maschinerien fördern den
Konsum um des Konsums willen anstatt
zu fragen, welche Produkte sinnvoll
sind. Hier muss gegengesteuert wer-
den. Gutes Leben für alle hat nicht nur
eine kulturelle Dimension sich ver-
Fotos: Bärbel högner (1), fotolia/renate wefers (1)
*Dr. Ulrich Brand
ist Professor für
Internationale Politik an der Universität
Wien und leitet ein vom Klima- und
Energiefonds gefördertes Forschungs-
projekt zur Rolle von Gewerkschaften
im sozial-ökologischen Umbau.
Wie wollen wir leben?
www.ak-umwelt.atSeite 14
Wirtschaft & Umwelt 2/2015
Kurzgefasst
Ökologische Fragen sind
soziale Fragen und damit eng
verbunden mit Macht und Herr-
schaft. Die Perspektive sozial-
ökologischer Transformation
thematisiert zu den wichtigen
Verteilungsdimensionen,
was und wie in der Gesellschaft
unter welchen sozialen und
ökologischen Bedingungen
produziert wird und welcher
gesellschaftlichen Bedingungen
es für ein gutes Leben
für alle bedarf.
Unsere Gesellschaften müssen tiefgreifend
umgebaut werden und die Anforderungen an „Gutes
Leben für alle“ werden deutlicher. Umstritten sind
der Weg dorthin und die Rolle der Beschäftigten und
ihrer Interessenvertretungen.
Von Ulrich Brand*
Schwerpunkt
Gutes Leben
für alle
ª