ändernder Lebensstile, sondern ist
auch eine politische Aufgabe. Damit sind
wir bei Entscheidungen zwischen Alter-
nativen, bei Macht und Interessen. Die
Beschäftigten und ihre Organisationen
spielen hier eine zentrale Rolle. Denn der
Umbauprozess muss politisch gestaltet
werden, und das sollte nicht den Inves-
toren und Unternehmen sowie ihren po-
litischen Vertretern überlassen werden.
Sozial-ökologische Transformation
und die Forderung nach einem guten
Leben für alle bedeuten eine andere Art
und Weise der Produktion und des Le-
bens:WenigerAutosbiskünftigvielleicht
hin zu autofreien Städten und die übri-
gen Autos gemeinsam nutzend und mit
deutlich reduziertem Energieverbrauch;
weniger Flugverkehr und Fleischkon-
sum sowie eine Umkehr von der hoch
industrialisierten zu einer nachhaltigen
Landwirtschaft. Doch deutlich weniger
Autos zu produzieren, hier einen Kon-
versionsprozess einzuleiten, darf nicht
auf dem Rücken der Beschäftigten aus-
getragen werden. Auch das bedeutet
gesellschaftliche Gestaltung.
Dabei sollte auch die starke Orientie-
rung am Wirtschaftswachstum hinter-
fragt werden. Es geht nicht darum, dass
bestimmte gesellschaftliche Sektoren
nicht mehr wachsen sollten: Im Bereich
sozialer Dienstleistungen wie Bildung
und Pflege, beim Ausbau erneuerbarer
Energie oder des öffentlichen Transports
ist das allzu deutlich. Hier muss deutlich
ausgebaut werden mit qualifizierter, gut
bezahlter und sozial abgesicherter Arbeit.
Wirtschaftswachstum
und Macht
Die aktuelle wachstumskritische
Diskussion betont etwas anderes als
die Frage „Wachstum ja oder nein“:
Der kapitalistische Wachstumsimpera-
tiv muss zurückgedrängt werden und
damit einher gehend die scheinbar al-
ternativlose Wettbewerbsfähigkeit und
„Standortpolitik“.
Und: Die zu starke Orientierung am
Wirtschaftswachstum sichert entspre-
chende Machtverhältnisse ab, nämlich
zuvorderst die Interessen der Investo-
ren und global tätigen Unternehmen,
welche die Standorte gegeneinander
ausspielen: Wo bekommen sie die aus
ihrer Sicht (un-)sozial und (un-)ökolo-
gisch vorteilhaftesten Bedingungen?
Die Wachstumstreiber müssen ange-
gangen werden. Damit sind wir bei Fra-
gen, wie Macht eingedämmt und wie
Demokratie ausgebaut werden kann.
Denn bislang ist die dominante Erfah-
rung der meisten Menschen, die Gesell-
schaft nicht gestalten zu können. An den
Schalthebeln der politischen, ökonomi-
schen und kulturellen Macht sitzen an-
dere. Und die achten darauf – das ist in
der aktuellen Krise zu sehen – dass das
auch so bleibt.
Gutes Leben für alle – wie?
Damit kommen wir zu einem Ker-
nelement der Forderung nach einem
guten Leben für alle. Es bedarf Formen
des individuellen und gesellschaftlichen
Wohlstands, die auf politische Gestal-
tung, sozial-ökologisch verträgliche
Produktion und ein attraktives Leben
für die Menschen setzen: Die de-stabi-
lisierenden Formen des kapitalistischen
Wachstums und die damit verbunde-
nen Interessen müssen verändert wer-
den. Damit werden gesellschaftliche
Bedingungen möglich, unter denen
Menschen ihre Individualität entfalten
und leben können – und zwar in einem
solidarischen sozialen Zusammenhang,
der ja erst die Bedingung freier Persön-
lichkeitsentwicklung ist.
Schwerpunkt
Gutes Leben
für alle
www.ak-umwelt.atGutes Leben für alle hat nicht nur eine kultu-
relle Dimension sich verändernder Lebensstile,
sondern auch eine politische Aufgabe.
ABC der Alternativen
U. Brand, B. Lösch, B. Opratko, S. Thimmel (Hrsg.): ABC der Alternativen 2.0. Von
Alltagskultur bis Zivilgesellschaft. In Kooperation mit Wissenschaftlicher Beirat von
Attac, Rosa-Luxemburg-Stiftung und taz.die tageszeitung. VSA-Verlag, Hamburg
2012 Leseprobe:
www.vsa-verlag.de-ABC-der-Alternativen-20.pdf
Die Bedürfnisse der Menschen stehen im Mittelpunkt
Seite 16
Wirtschaft & Umwelt 2/2015
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Fotos: istockphoto/ pixelfusion3d (1), istockphoto/cameron strathdee (1)