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Wirtschaft & Umwelt 2/2015
Stunden die Arbeitszeit zum Wohle
aller neuerlich verkürzen.
Arbeitszeitverkürzung schafft Le-
bensqualität. Zunehmend regt sich Wi-
derstand gegen die voranschreitende
„Ökonomisierung“ unseres gesamten
Lebens. Durch eine generelle Arbeits-
zeitverkürzung wird sich diese gesell-
schaftliche Entwicklung zwar nicht auf-
halten lassen, es wird jedoch die Mög-
lichkeit zu einer ausgewogenen Priori-
sierung geschaffen. Unabhängig davon,
ob es hier umdie Familie, FreundInnnen,
Weiterbildung, zivilgesellschaftliches
Engagement oder persönliche Hobbies
geht: mehr Zeit dazu führt nicht nur zu
einer wesentlich besseren Vereinbarkeit
von Beruf und Privatleben, sie fördert
auch gesellschaftliche Teilhabe und
Demokratie. Und sie sichert und schafft
Arbeitsplätze, was wiederum die Teil-
habe jener ermöglicht, die andernfalls
aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit Gefahr
laufen, aus gewissen Bereichen der Ge-
sellschaft gedrängt zu werden.
Die „Degrowth-Debatte“ geht einen
Schritt weiter und denkt Szenarien in ei-
ner Post-Wachstumsgesellschaft. Was
oft als sozialromantische Utopie abge-
tan wird, trifft einen wahren Kern: We-
niger Produktion bedeutet weniger Be-
lastung für unseren Planeten. Eine Wei-
tergabe von Produktivitätssteigerung in
Form von Arbeitszeitverkürzung schafft
einen sinnvollen Ausgleich und gleich-
zeitig ein kostenneutrales Szenario.
Verteilungsfrage
Die anhaltende Krise hat europaweit
gezeigt, dass der Graben zwischen
Arm und Reich wächst. Gerade jene,
die ohnehin bereits im Überfluss leben,
profitieren noch einmal mehr von der
Austeritätspolitik. Sozialer Fortschritt
ist nur dann möglich, wenn es gelingt,
diese Kluft ein Stück weit zu schließen.
Die geforderten „Zukunftsinvestitionen“
sind zum Nutzen der gesamten Gesell-
schaft, daher ist es nur gerecht, auch die
Kosten in der Gesellschaft fair zu vertei-
len. Ein Thema, das die österreichische
Schwerpunkt
Gutes Leben
für alle
Chancengleichheit – auch in der Bildung
Voaussetzungen einer Arbeitszeit
reduktion:
• Einhaltung des geltenden Ar-
beitszeitrechts (Höchstarbeitszeit,
ordnungsgemäße Bezahlung)
• Reduktion von Mehr- und Über-
stunden auf Ausnahmefälle, z.B.
durch Einführung eines „Überstun-
den-Euros“, den der Arbeitgeber an
die Krankenkasse bezahlen muss
• Individualisierung der Arbeitszeit
statt einseitiger Flexibilisierung
• Reduktion der Jahresarbeitszeit
durch leichtere Erreichbarkeit der 6.
Urlaubswoche
• „Lebens(phasen)arbeitszeit“ als
neue (zusätzliche) Dimension
• Ausgleich belastender
Arbeit(szeiten) in Freizeit
• Generelle Verkürzung der Normal
arbeitszeit (inkl. notwendiger Über-
gangs- und Begleitmaßnahmen)
Arbeitslosigkeit und Arbeitszeit
Arbeitszeitverkürzung: Eckpunkte
ª
Um die Rekordarbeitslosigkeit bekämpfen zu können, ist dringend eine
Arbeitszeitverkürzung notwendig.
Fotos: schuh (1)
Quelle: WIFO, nationale Berechnung laut AMS und HV. AK/ÖGB/Sylvia Kuba: How to make it work, Seite 9, ÖGB-Verlag, Wien 2015
Arbeitslosenquoten seit 1950 in %
5
6
7
8
4
3
1
2
1950
1955
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
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