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Wirtschaft & Umwelt 2/2015
W
ährend andernorts die Zeiger lang-
sam wieder auf Erholung stehen,
bleibt die österreichische Konjunktur
auf Krisenniveau und die Arbeitslo-
sigkeit in neuen Rekordhöhen. Lange
konnte Österreich darauf verweisen, die
„Krise“ relativ gut gemeistert zu haben,
doch nun scheinen sich die Vorzeichen
umzudrehen. Um dies zu vermeiden,
bedarf es eines wirtschaftspolitischen
Kurswechsels, der die Schaffung von
Arbeitsplätzen und die Verteilungsfrage
ins Zentrum rückt.
Politische Blockaden, ebenso wie
selbst auferlegte Zwänge wie die EU-
Fiskalregeln und die daraus resultieren-
de „Schuldenbremse“ setzen uns Jahr
für Jahr vor dasselbe Bild: Notwendige
und nachhaltige Investitionen werden
zurückgehalten, es gilt vielmehr ein
vermeintliches Budgetloch zu stopfen.
Nach einem umgekehrten Gießkannen-
prinzip hat jedes Ressort einen gewis-
sen Prozentsatz seiner Ausgaben zu
kürzen.
Eine gefährliche Entwicklung: Der
Standort Österreich wird als „abge-
sandelt“ heruntergeredet und dadurch
der politischen Boden für seitens der
Wirtschaft lang ersehnte „Reformen“
bereitet. Es wird eine Austeritätspolitik
auf dem Rücken der Erwerbstätigen
und sozial Schwachen betrieben an-
stelle von Konjunkturbelebung und
Investitionen in Bildung, Infrastruktur
und Pflege. Eine Abwärtsspirale, deren
gegenteilige Effekte auf Konjunktur, Ar-
beitslosigkeit, soziale Absicherung und
Staatsverschuldung in den sogenann-
ten Krisenländern mehr als deutlich zu
Tage getreten ist.
Austeritätspolitik gescheitert
Eine nicht zu unterschätzende Rol-
le spielt hierbei die EU-Kommission,
die die Sparpolitik mit ihren „länder-
spezifischen Empfehlungen“ nahezu
erzwingt. Jahr für Jahr werden den
Mitgliedstaaten im Rahmen des „eu-
ropäischen Semesters“ Empfehlungen
für sogenannte wachstumsfördernde
Strukturreformen vorgelegt. Ein zutiefst
undemokratischer Prozess, das – oh-
Fotos: proge (2)
*Mag.
a
Susanne Haslinger
ist Juristin und in der
Rechtsabteilung sowie der
sozialpolitischen Grundla-
genabteilung der Gewerk-
schaft PRO-GE tätig.
Wege aus der Krise
Kurzgefasst
Ein gutes Leben für alle ist be-
reits im Hier und Jetzt machbar.
Anstelle kurzsichtiger Sparpoli-
tik muss die öffentliche Hand in
Bildung, Pflege und nachhaltige
Infrastruktur investieren. Hierfür
bedarf es einer fairen Beteili-
gung auch der Vermögenden,
die in Österreich nach wie vor
einen unterdurchschnittlichen
Anteil der Steuerlast tragen. Ein
Eckstein derartiger Reformen
muss auch die Neuverteilung
von Arbeit durch eine Verkür-
zung der Arbeitszeit sein.
Der Karren steckt fest. Und das seit 2008, dem
Beginn der vielzitierten „Krise“. Doch mit Hilfe der
richtigen öffentlichen Investitionen und einer gerechten
Vermögensbesteuerung ist auch in Österreich ein gutes
Leben für alle möglich.
Von Susanne Haslinger*
Schwerpunkt
Gutes Leben
für alle