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Politik sorgsam vermeidet. Die Faktoren

Arbeit und Konsumwerden in Österreich

überproportional hoch besteuert, wäh-

rend Vermögen – leistungslose Einkom-

men – nahezu ungeschoren davonkom-

men. In Reaktion darauf wurde nun mit

der Lohnsteuerreform ein Meilenstein

angegangen, doch bleibt die eigentlich

untrennbar damit verbundene Einfüh-

rung von vermögensbezogenen Steuern

einmal mehr ein Tabu. Die streckenwei-

se äußerst vage gehaltene Gegenfinan-

zierung ist zu Recht Gegenstand von

Skepsis und Kritik und zeigt, dass mit

der Lohnsteuersenkung zwar eine drin-

gend notwendige Maßnahme gesetzt

wird (ebenso die anvisierten Maßnah-

men zur Steuerbetrugsbekämpfung),

diese aber nicht in ein größeres Konzept

nachhaltiger Reformen eingebettet ist.

Gesellschafts- und wirtschaftspo-

litisch führt jedoch kein Weg an einer

fairen Besteuerung großer Erbschaf-

ten, Schenkungen und Vermögen vor-

bei. Ebenso wird der Finanzsektor – als

Auslöser der weltweiten Krise! – seinen

Beitrag leisten müssen, sei es auf EU

Ebene über die lang diskutierte Finanz-

transaktionssteuer oder als vorüberge-

hender nationaler Ersatz mit einer Bör-

senumsatzsteuer.

Auch die Verkürzung der Arbeitszeit

und ihre Aufteilung auf mehr Köpfe ist

eine Verteilungsfrage, deren Finanzier-

barkeit letztlich ebenso im Rahmen der

aktuellen Umverteilungsdebatte mitge-

dacht werden muss. Wer über Arbeits-

zeitverkürzung spricht, muss auch über

Lohnausgleich sprechen und damit die

Frage stellen, wer die Kosten einer Ar-

beitszeitverkürzung tragen soll.

¨

Durch BIP-Wachstum

werden wir die

Rekordarbeitslosigkeit

nicht bekämpfen können,

wir brauchen dringend eine

Arbeitszeitverkürzung, um

Arbeit neu zu verteilen.

www.arbeiterkammer.at

Wirtschaft & Umwelt 2/2015

Seite 21

Was war Ihre Motivation, einen

Kongress zum „Guten Leben für

alle“ zu veranstalten?

Strickner:

Für Attac, aber auch für

die Allianz „Wege aus der Krise“,

steht die Vision des „Guten Lebens

für alle“ im Zentrum der Tätigkeit.

Die Erarbeitung von Alternativen

zur Kürzungspolitik zum Beispiel in

Form des „Zivilgesellschaftlichen

Zukunftsbudgets“ oder der Wider-

stand gegen das Transatlantische

Handels- und Investitionsabkom-

men zwischen der EU und den USA

(TTIP) orientieren sich daran. Daher

war es für uns eine logische Konse-

quenz, diesen Kongress mit zu ver-

anstalten. Abgesehen davon, dass

der erste Kongress dazu gleich auf

der Wirtschaftsuniversität stattfand,

war die Motivation und das Ziel

auch, viele unterschiedliche Akteure

einzubinden. Das große Interesse

hat unsere Erwartungen bei weitem

übertroffen.

Welche Kernbotschaften nehmen

Sie für eine „Politik des guten

Lebens“ in Österreich mit?

Strickner:

Die Suche nach einem

„Gutem Leben für alle“ stellt die

Frage nach Gerechtigkeit und

Gleichheit. Sich mit dem guten

Leben auseinanderzusetzen heißt,

sich gemeinsam mit den Fragen

nach Lebensqualität, Wohlfahrt und

Wohlstand zu beschäftigen: Wie

wollen wir leben? Welche Lebens-

mittel wollen wir essen? Wie wollen

wir unsere Freizeit verbringen und

für Kinder und Eltern sorgen? Was

braucht es, damit alle gut leben

können, egal wo sie geboren sind?

Die Utopie des guten Lebens für

alle ist also der Versuch, die viel zu

lange privatisierte Frage nach einem

gelungenen Leben zu politisieren.

Eine „Politik des guten Lebens“

muss daher diese Fragen ins Zent-

rum stellen.

Wie wird es angesichts des gro-

ßen Interesses an dem Kongress

mit der Initiative weitergehen?

Strickner:

Wie man so schön sagt

– nach dem Kongress ist vor dem

Kongress: Wir planen für 2017 den

nächsten „Gutes Leben für Alle“-

Kongress. Auf dem Weg dorthin

wollen wir spannende Personen

im Rahmen der „Gutes Leben für

Alle“-Dialogreihe nach Österreich

bringen wie zum Beispiel Karen

Polanyi-Levitt, die Tochter von Karl

Polanyi, dem Autor der „Großen

Transformation“.

Und zum Abschluss: Was be-

deutet ein gutes Leben für Sie

persönlich?

Strickner:

Meiner Meinung nach

ist eine gesicherte Existenz die

Voraussetzung für ein gutes Leben.

Das heißt, dass die Grundbedürf-

nisse der Menschen – egal wo sie

leben – befriedigt sind. Dazu zählt

unter anderem genügend Essen,

sauberes Trinkwasser, ein Dach

über dem Kopf, Zugang zu Bildung,

Gesundheitsversorgung, aber etwa

auch Mobilität und Zugang zu Kom-

munikationsinfrastruktur, um nur ein

paar Elemente zu nennen. Für mich

persönlich gehört zum guten Leben

unter vielen anderen Dingen zum

Beispiel gutes Essen, guter Wein,

gemeinsame Zeit mit der Familie

und FreundInnen zu verbringen und

auch Faulenzen. Das mache ich

leider viel zu wenig.

Interview mit Alexandra Strickner von Attac

Allianz Wege aus der Krise

Alexandra Strickner koordiniert die zivilgesellschaftliche Allianz „Wege aus

der Krise“ und ist Vorstandsmitglied von Attac Österreich. Gemeinsam mit

Andreas Novy hat sie den Kongress „Gutes Leben für alle“ an der Wirt-

schaftsuniversität Wien organisiert.

*Mag.

a

Alexandra Strickner

ist Ökonomin, arbeitet als politische Koor-

dinatorin der Allianz „Wege aus der Krise“ und ist Mitbegründerin und

Obfrau von Attac Österreich.